Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., F 764,n - 23.1880
Die Bauhütte: Zeitung für Freimaurer
Leipzig, 1880
Seite: 273
(PDF, 136 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bauhuette1880/0280
N«- 35.

XXIII. Jahrgang.

Die

Begründet und herausgegeben
von

Bb J. Gr. FINDEL.

Organ für die Gesammt-Interessen der Freimaurerei.

giefct, gi.be, gebe...

Leipzig, den 28. August, 1880.

Von der „Bauhütte" erscheint wöchentlich eine Nummer (1 Bogen). Preis des Jahrgangs 10 Mark.
Die „Bauhütte" kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden.

Imhalt: Die Humanitäts-Idee m ihrer Anwendung aut Staat und Gesellschaft. — Ueber Br Goethe. Vom Grossredner Br Auerbach in Frankfurt a. M.
Feuilleton: Leipzig. — Die Sache der Centralhilfskasse. — Zur Nachricht. — Briefwechsel. — Anzeigen.

Die Humanitäts-Idee in ihrer Anwendung auf
Staat und Gesellschaft.

Jeder Zeitabschnitt hat eine bestimmte Aufgabe zu
lösen, und darum hat er auch ein bestimmtes, eigenartiges
Gepräge. Das vorige Jahrhundert bis in die
Mitte des gegenwärtigen herein war vorwiegend ein
philosophisches: es war eine Zeit denkender Weltbetrachtung
und eifrigen Forschens nach Erkenntniss. Da
hatten selbstredend Grundsätze volle Geltung und waren
Ideen eine bestimmende Macht. Schlagworte dieser Zeit
waren die Ideen der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit,
die Ideen der Humanität und des aus ihr hervorgehenden
Weltbürgerthums. Wer irgend zu den geistig Erleuchteten
sich rechnete, der war getragen und gesättigt von
diesen Ideen, die denn auch auf allen Gebieten ihre
Vertreter hatten, hier in den Philosophen Kant und
Fichte, dort in den Dichtern Herder und Schiller, hier
in den Eednern des französischen Volks, dort in den
Staatsmännern der Vereinigten Staaten.

In dieser Zeit, wo Herder den Humanitätsgedanken
in den Vordergrund rückte und entwickelte, in dieser
Zeit war das Bewusstsein ewiger Menschenrechte allenthalben
lebendig, so dass der Dichter auf sympathisches
Verständniss rechnen konnte, wenn er seinem Stauf-
facher die Worte in den Mund legt:
Eine Grenze hat Tyrannenmacht.
Wenn der Gedrückte nirgends Becht kann finden,
Wenn unerträglich wird die Last — greift er
Hinauf getrosten Muthes in den Himmel
Und holt herunter seine ew'gen Bechte,
Die droben hängen unveräusserlich
Und unzerbrechlich, wie die Sterne selbst.

Heutzutage ist das ganz anders. Da will man
wenig mehr wissen von ewigen Menschenrechten, da
will man so gut wie nichsts mehr wissen von Ideen
ttnd Grundsätzen. Heutzutage preist man nicht mehr
die Würde des freien, selbstbewussten Mannes, sondern
die blinde knechtische Unterwürfigkeit.

Hat nun auch dieser Abfall von ewigen Ideen und
Grundsätzen, diese Selbstentäusserung Schiffbruch gelitten
, so dass sich der Meisten unserer Zeitgenossen
tiefe Missstimmung und Apathie bemächtigt hat, so ist
es doch richtig gewesen, dass man auf das Gebiet der
Praxis, des konkreten Lebens, der alltäglichen Wirklichkeit
hingewiesen; denn unsere Zeit, die Zeit der Maschinen
und des Dampfes, der Naturwissenschaft in ihrer Anwendimg
auf das Leben, des Weltverkehrs, der Statistik
und Volkswirtschaft — unsere Gegenwart ist allerdings
eine praktische Zeit mit praktischen Zielpunkten, eine
Zeit, die zwar Ideen und Grundsätze nicht aufgeben darf,
sondern vielmehr als theures Vermächtniss unserer Vorfahren
festhalten muss, die aber energisch hingewiesen
ist auf die praktischen Lebensgebiete, wo es sich handelt
um Wohl und Wehe der Menschen, um die Erringung
eines menschenwürdigen Daseins für Alle, um
Aufhebung jeder Art von Sklaverei, von Ausbeutung
und von Bevorrechtung. Darin liegt denn auch für
unsere eminent praktische Zeit der unverlierbare ideale
Kern, und hier haben wir gleich vorweg das Thema,
das uns beschäftigen soll — die Humanitäts-Idee in
ihrer Anwendung auf Staat und Gesellschaft.

Wissen wir von unserem Lessing, dass „andächtig
schwärmen viel leichter ist, als gut handeln" und dass


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