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Portal und damit eine statische Stütze zu
gewinnen. Audi hier also, wo die internationalen
Einflüsse stärker waren, ist der
Anschluss an die barocke Bewegung-zögernd,
ja das Verständnis für eine Kernidee des
Stiles, das machtvoll erweiterte Portal, noch
schwach.
casa Antonio. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
wurde dann im Palazzo Antonio (Tafeln 125,
127) noch ein weiterer Trakt angefügt, durch
Lisenen vertikal gegliedert, durch ein Gurtgesims
in zwei gleiche Teile geteilt, im Bestreben
nach einfachen Zahlverhältnissen
ausdruckslos geworden.
Entwicklung der Einer ganz klaren Konsequenz in der
Innenanlage. Gesamtaniage gesellt sich mithin teil weises
Versagen im einzelnen. Die Stärke liegt
nicht im Detail, sondern in der Organisation
, der gesunde Sinn für das organisch
Sinnvolle, als Hauptzug bündnerischen Bauwesens
erkannt, bewährt sich also auch hier
noch bis ins praktisch Zwecklose, die Repräsentation
hinein. Auch hier will nur
scheinen, was ist. So fesselt an der Innenanlage
ebenfalls nicht die schmückende
Einzelheit, sondern das deutliche Bestreben,
über die Aneinanderfügung schöner Räume
zu einem planvollen Ganzen zu gelangen.
Casa Max. Casa Max trägt den gleichen Zug im
Inneren wie aussen: es ist eine maßvolle,
würdige Darstellung gehobener Lebenslage;
hohe Räume nach italienischer Art, die
eigentlichen Wohngemächer jedoch mit dem
heimischen Täfer verkleidet. Wenn in Ca-
saccia und der Casa alta der Festsaal zwar
an prominenter Stelle lag, so war er doch
für das Bauganze bedeutungslos, ein einzelnes
Prunkstück. Hier ist er vom Parterre
in den ersten Stock gerückt. Ohne nach
aussen durch die Fensterform kenntlich zu
sein — er bleibt völlig interne Angelegenheit
— stösst er durch zwei Etagen, nimmt
zu der an sich schon stattlichen Stockwerkshöhe
noch den Mezzanin hinzu. Beraubt der
kostbaren Gobelins, ist der Saal heute nur
noch ein Schatten seines ursprünglichen
Wesens. Aber der ganze Aufbau zeigt immerhin
noch etwas von seiner ehemaligen,
ruhigen Würde mit der vertikal gegliederten
Wand, den hohen, bis auf den Boden
reichenden Fensternischen, dem rechteckig
ausgeschnittenen Kamin samt Spiegelaufsatz
und den Gemäldesupraporten. Alle diese
strengen Geraden aber werden überwölbt
von einer hohen Mulde, die ein starkes
Kranzgesims trägt. Dieser Saal ist nicht
ganz isoliert wie noch in Casaccia. Die
ganze Etage ist auf Festlichkeit bedacht.
Von dem grossen Eckzimmer mit gutem
Getäfer und Prunköfen gestatten korrespondierende
Türen ein Durchwandeln aller
Räume bis zu dem hinteren, in späterer Zeit
ausgeschmückten Salon, der mit weissem
Täfer wohl ehemals Stofftapeten umrahmte,
und wo runde und elliptische Bilder mit
leichteren Formen die nüchternen Geraden
beleben. Jedoch es fehlt eine Organisation
des Ganzen um eine beherrschende Mitte.
Der Saal hätte sie bilden können. Aber er
liegt seitlich des Korridors, in der Einordnung
nicht unterschieden von einem gewöhnlichen
Wohngemach und nimmt weder
Treppenrichtung noch Korridorachse auf.
Der Flur ist nicht ohne Sinn für eine steigernde
Entfaltung: vom Portal her führt
der Gang über Stufen zu einem Podest und
einer zweiten Türe. Diese öffnet sich dann
einem Vorplatz von ansehnlichen Maßen.
Aber nun ist die Entwicklung unterbrochen.
Hier hätte die Treppe zur Gestaltung einer
Raumidee führen müssen. Statt dessen liegt
sie seitlich, ganz unbedeutend und unorganisch
, gewinnt hastig, mit steilen, schmalen
Stufen, halb noch in Spiralenform befangen,
den Oberstock. So sind die beiden Etagen
mit den stattlichen Vorplätzen zu keiner
inneren Verbindung gelangt und die Stockwerkstrennung
bleibt unüberwunden.
Nur ein paar Jahre liegen zwischen der casa Battista.
Entstehung der Casa Max und dem Umbau
des Palazzo Battista, auch waren der prunkvolleren
Ausbreitung durch die Anpassung
an den alten Bestand — besonders in der
Zimmerhöhe — hemmende Grenzen gesetzt.
Und doch ist hier etwas viel Einheitlicheres
entstanden. Vor allem: die Treppe entwickelt
sich. Im Erdgeschoss nimmt sie unmittelbar
die Korridorachse auf und führt in langsamem
Anstieg, in gut erwogenen Proportionen
über Podeste von Stock zu Stock.
So ist die Verbindung inniger. Der Hinaufsteigende
hat — durch die rechtwinklige
Kehre gezwungen — gerade noch die verlassene
Etage im Blick, indes sich ihm schon
die höhere öffnet. Die Räume der Vorplätze
und der Treppen fliessen wirklich inein-
XLril
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