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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_05/0062
Auch den jungen Krieger im Palazzo Pitti möchte
ich als ein Selbstbildnis in Anspruch nehmen. Wie
Rembrandt gefällt er sich hier im Schmuck der Waffen.

Sein Charakter wird als gutartig geschildert:
er war immer generoso und di animo grande, aber
er liebte auch den äusserlichen Schein und hörte
gerne, wenn sein Name genannt wurde. Sein ungestümes
Temperament riss ihn oft zu unbedachten
Aeusserungen hin; aber diejenigen, die ihn kannten,
wussten, was man davon zu halten hatte. Seine
scharfe Zunge war bei den Kollegen gefürchtet,
witzige, oft beissende Aussprüche von ihm gingen von
Mund zu Munde. Aber da er auch das Verdienst
anderer gerne anerkannte, verzieh man dem stets
Hilfbereiten diese kleinen Schwächen.

Ein starkes Selbstgefühl gab ihm die Sicherheit
des Auftretens, und eine vielseitige Begabung befähigte
ihn überall, wo er hinkam, eine Rolle zu
spielen. In künstlerischen Dingen duldete er keinen
Widerspruch; selbst zu dem „amico unico" wird er
recht grob, als dieser an einem Bilde herummäkelte.
Käufern, die die Preise drücken wollten, erhöhte
er dieselben.

Das musikalische Talent, das die Mitwelt erfreute
, hat keine Spuren zurückgelassen. Seine
Dichtungen, obwohl nur zum geringen Teil erhalten
, sichern ihm einen Platz auf dem Parnass.
Der Maler Rosa ist von erstaunlicher Vielseitigkeit.
Die Landschaft ist sein eigentliches Element. Da
er ohne Lehrer die Natur abschrieb, wurde er
Führer einer bestimmten Richtung. Er enthüllt vor
uns die Geheimnisse des Waldes, wir folgen ihm in
die Schluchten des wild zerklüfteten Apennins, auf
Pfaden, die nur der Fuss des Hirten, des Räubers betritt
, durch Felsentore zu von Gestrüpp umwucherten
Höhlen. Der Wind braust durch volle Laubkronen
mächtiger Eichen und weissstämmiger Buchen, die
ihre knorrigen Wurzeln in dem harten Gestein fest
verankert haben und der Wasserfall rauscht unendliche
Harmonien. Starre Gebirgsmassen türmen
sich auf, an denen die Wolken gespenstisch vorüberhuschen
. Ueber dem geschichteten Felsblock zieht sich
ein Gewitter zusammen. Der Sturm hat Riesenstämme
entlaubt, geknickt und zerschmettert. Verwitterte
Baumstümpfe vervollständigen das Bild
düsterer Melancholie, zu dem Italiens strahlend
blauer Himmel nicht passt. Das Tal öffnet sich zur
fruchtbaren Ebene und das Auge schwelgt in der
Schönheit edler Linien. Einsame Pachthöfe, verfallene
Türme, steinerne Brücken, geborstene Säulen,

antike Ruinen sind ebenso wie die Menschen, die
er malt, mit dem Boden verwachsen. Am Gestade
des Meeres ist er heimisch, wo in tief einschneidender
Bucht vom leichten Windhauch sich die
Welle kräuselt, oder die Brandung vom Sturm gepeitscht
an zackigen Klippen emporspritzt. Er malt
den Fischer, der dem Meer abgerungene Schätze
birgt, die Handelsflotte, die am Leuchtturm vorüber
in den Hafen wendet, oder Piraten in einer Grotte,
ihrem Schlupfwinkel. In vielen Einzelheiten erkennt
man das fachmännisch geschulte Auge des Küstenbewohners
. Seine Menschen passen in diese Umgebung
. Am glücklichsten sind seine Figuren,
wenn er Landsleute malt. Jenes leichtlebige Volk
von Neapel, dem die strahlende Sonne so viel gibt,
dass es bei seinem Phäakenleben die „Fatica" verachtet
. Stärker als sonst auf der Welt folgt man hier
natürlichen Instinkten und gibt bald auf, in diesem
Paradies gegen den Strom zu schwimmen. Es ist der
sole mio des Napolitaners, der uns in Rosas Landschaften
entzückt.

Aber wie häufig Menschen, vor allem Künstler,
ihr eigenes Talent niemals richtig beurteilen, so
pflegte Rosa zu sagen, er könne gar keine Landschaften
malen, und sah im Historienbild seine
Aufgabe. Seine Figuren, die sich durch schlanke,
elegante Proportionen, graziöse Bewegungen und
durch schöne sprechende Hände auszeichnen, haben
oft etwas Vulgäres. Bei den grossen Kompositionen
stört eine übertriebene Sucht zum Charakterisieren
und ein bis zur Grimasse gesteigertes Pathos. Man
vermisst die Korrektheit der Zeichnung im Faltenwurf
und findet auch am Kolorit manches auszusetzen.

Das Bestreben, stets aufzufallen, durch Gelehrsamkeit
und Gedankenreichtum zu glänzen, äussert
sich auch in der Wahl seiner Vorwürfe. Er durchstöbert
weniger bekannte Schriftsteller des Altertums,
um Stoff für seine Gemälde zu finden, und rühmt
sich dann, dass niemand vor ihm den Gegenstand
gemalt habe. Im Kostüm trachtet er nach historischer
Treue, mit vorzüglicher Sachkenntnis weiss er Helme
und Rüstungen wiederzugeben.

Rosas unsolide Malweise ist schuld, dass heute

Viele an seinen Bildern gedankenlos vorüberschreiten.

Er hat als Napolitaner niemals sehr hell gemalt,

aber durch Nachdunkeln haben seine Farben viel

vom ursprünglichen Glanz eingebüsst. Im Kolorit

ist er von Ribera abhängig und auch ihm gelingen

grelle Lichteffekte. Ein ausgezeichnetes Helldunkel

ist der Vorzug seiner Nachtstücke.

Valerian von Loga.

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