Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 14. Band.1906
Seite: 185
(PDF, 133 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_14_1906/0196
adolf hildebrand

lautespielender engel vom grabmal lew in partenkirchen

DIE WIESBADENER AUSSTELLUNG ZUR HEBUNG DER
FRIEDHOF- UND GRABMALKUNST

Der erste Eindruck, den eine Wanderung
durch die von der „Wiesbadener Gesellschaft
für bildende Kunst" veranstaltete Ausstellungweckt
, ist der einer tiefen Beschämung.
Denn mit zwingender Gewalt wird man da vor
den Widerspruch des künstlerisch Möglichen
und Gewollten mit dem tatsächlich Geübten
und Geleisteten gestellt. Man erkennt die
erschreckende Kulturwidrigkeit unserer Zeit
auf einem Gebiete, das durch sich und seine
Eigenart die feinste und höchste Betätigung
künstlerischen Sinnes als ganz selbstverständlich
fordern sollte.

Aber diese Erkenntnis kommt spät, beschämend
spät auch für unsere moderne künstlerische
Kulturbewegung, die auf ihrem Siegeszuge
durch das entdeckte Neuland im Sturmschritt
, überhastet vorwärts und aufwärts
gedrängt hat. Sie hat dabei manch verwahrlostes
Feld übersehen und brach liegen lassen,
das den Anbau wohl verlohnt undkeineschlechte
Frucht verheißen hätte, eben weil es nicht hart
an die breite Heerstraße stieß, wo die Menge
bald freilich laut genug um Land und Ernte stritt.
Wie gerade die letzten Jahre die Friedhof-

und Grabmalkunst völlig heruntergebracht
haben, das hat der verdienstvolle Vorsitzende
der „Wiesbadener Gesellschaft für bildende
Kunst", Dr. von Grolmann, in seiner Einleitung
zum Ausstellungskatalog ausführlich
dargelegt.*) Wir empfinden es ja bei jeder
Wanderung über die unsinnig gedrängt angelegten
Massenfriedhöfe unserer Großstädte. Im
Gräberschmuck sind die Spuren einer in ihren
letzten Aeußerungen durch Denkmäler der
stilsicheren Empirezeit noch deutlich gewahrten
künstlerischenTradition gänzlich geschwunden,
und die Probestücke der handwerklichen Steinmetz
- und Architektenkunst unserer Gewerbeschüler
verraten eine allerdings nicht mehr
zu überbietende Verrohung. Sie bezeichnen
einen Tiefstand, der freilich aus sich selbst
heraus eine Reaktion zeitigen mußte.

Es mag sonderlich erscheinen, daß unser
kurzer Bericht über die schöne Wiesbadener
Ausstellung mit solchem Klagelied beginnt.

*) Dr. von Grolmann wird die Ergebnisse der
Wiesbadener Ausstellung in einem demnächst bei
Otto Baumgärtel in Berlin erscheinenden Tafelwerk
veröffentlichen.

Dekorative Kunst. IX. 5. Februar 1906

185

24


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_14_1906/0196