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^=4^> DAS RITTERGUT WENDORF i. M. <^^~
I
ARCH. KRAUSE & KORFF-LAAGE i. M.
RITTERGUT WENDORF: INSPEKTOR-WOHNHAUS
hinter reihen sich die Stuben an. Dieser einheitliche
Aufbau ist architektonisch begründet
durch die Art der Konstruktion. Die ganze
Last tragen die Ständer der Diele, über
die Querbalken gelegt sind, in die wiederum
die Dachsparren eingezapft sind. Das Haus
erhält durch Anfügen der Seitenwände einen
dreischiffigen Längscharakter. Diese Seitenwände
sind nur angefügt, sie könnten entfernt
werden, und das Haus bliebe stehen.
So wächst der Bau buchstäblich von innen
heraus und hat in dieser inneren Fügung
den festen Halt.
Das große, moosbewachsene Dach bildet
mit dem Boden eine malerische Einheit, die
das etwas lebhaftere Fachwerk der Wände
unterbricht. Diese beiden charakteristischen
Merkmale — hohes Dach, niedere, glatte
Wände hat Korff verständnisvoll beibehalten
und so den alten, mecklenburgischen
Typus, so weit es angängig ist, hinübergeführt
in die moderne Anschauung, freilich meist in
direktem Kampf mit dem Publikum, das auf
der handwerksmäßigen Bauweise, die von der
Stadt her nun einmal üblich geworden ist, bestand
: zweistöckiges Haus, regelmäßige Fenster,
öde, charakterlose Front, flaches Pappdach.
* *
Es wird unter den heutigen Umständen
immer ein seltener Fall bleiben, daß einem
Baukünstler ein ganzer Dorfkomplex samt
Herrenhaus und den dazu gehörenden Gebäuden
zur künstlerischen Ausführung übertragen
wird, und man möchte wünschen, daß
dieses Beispiel Nachahmung findet. Denn
nur so erhält die Natur, die Landschaft die
passenden, ihr zugehörigen Ansiedlungen, die
die Gegend nicht verschlechtern, sondern
denen die Umgebung als schöner Rahmen
dient. Es wird auf diese Weise der reiche
Schatz der überlieferten, ländlichen Bau- und
Gebrauchsformen nutzbar gemacht und zugleich
der bisher zum Schaden einer gesunden
Entwicklung bestehende, üble Kontrast
des Bauernhauses einerseits, der städtischen
„Villa" andererseits ausgeglichen und so der
Uebergang zu einem neuen Typus, dem Landhaus
angebahnt.
Auf einem erhöhten Platz des Rittergutes
liegt das Herrenhaus, das Schloß. In
seiner Architektur hat es Anklänge an das
Barock, doch ist ihr durch die gefällige Anordnung
der Fenster eine intimere Wirkung
gegeben. Der vornehme Charakter ist beibehalten
, doch fehlt ihm das Protzige, allzu
Schmuck- und Schwungreiche. So trägt das
Herrenhaus im Aeußern eine Eleganz zur
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