Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 20. Band.1909
Seite: 457
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-sr^> GESCHMACKSVERIRRUNGEN IM KUNSTGEWERBE <^-^

BILD 14. EISBÄR, MEISZENER PORZELLAN, MODELLIERT VON OTTO JARL (LINKS UNTEN) UND NACHAHMUNGEN

was den schlechten Schmuck charakterisiert.
Ein sehr eklatantes Beispiel dafür ist die
Horndose, deren Deckel in Bild 12 gezeigt
ist. Er enthält in Abbildungen ein ganzes
Antikenmuseum, jede Figur und Gruppe
mit einer anderen Achse, so daß ein wirres
und ganz sinnloses Durcheinander entsteht,
das nur als Witz gedacht einigermaßen erträglich
ist.

Zu den Fehlern gegen den Verzierungsgeschmack
, nicht zu den Konstruktionsfehlern,
möchte ich auch das Beispiel von Aktualitätskitsch
rechnen. Ein Taschentuch, bei dessen
Benutzung man sich unter Umständen in das
Gesicht des Grafen Zeppelin schnaubt, zeigt
gewiß mehr guten Willen — oder kaufmännische
Spekulation — als guten Geschmack.

Sehr instruktiv ist endlich die Zusammenstellung
von Originalen und Imitationen. Besonders
frappant sind in dieser Beziehung
die vier Eisbären aus Porzellan in Bild 14,
von denen derjenige links unten das Meißener
Original, die drei anderen Nachahmungen
von verschiedener Qualität sind, die aber alle
dem Original gegenüber bedeutend abfallen.

Sehr anschaulich in Wirklichkeit, weniger
anschaulich in den Abbildungen sind die drei
Porzellanteller auf Bild 15, von denen derjenige

links, ein Meißener Teller mit Zwiebelmuster,
das gemalte Original ist, während die zweite
Abbildung dasselbe Muster in Druck, die dritte
in Schablonenausführung zeigt, natürlich mit
fortschreitender Verschlechterung der originalen
Formen.

Zu den Verzierungsfehlern bezüglich der
Farbe rechnet Pazaurek endlich die etwas
aus dem Zusammenhang herausfallende Silhouette
(Bild 16), wo die farbige Haube nicht
zu dem gleichmäßigen Schwarz des Gesichts
und des Körpers paßt. Wählt man einmal
die Technik der Silhouette, bei der die gleichmäßige
schwarze Ausfüllung des Umrisses
ein sehr starkes illusionstörendes Element
darstellt, so darf man auch nicht in Einzelheiten
der Tracht die Farben der Natur imitieren
. Es entsteht dadurch eine Ungleich-
mäßigkeit der Stilisierung, genauer gesagt,
eine ungleichmäßige „Aufhebung illusionstörender
Elemente", die das Kunstwerk, wenn
ich so sagen darf, aus dem Gleichgewicht
bringt. Diese Weiterbildung des Silhouettenstils
findet sich deshalb auch nur in den letzten
Stadien dieser Kunst und kann als Kennzeichen
ihres Verfalls angesehen werden.

Es fehlt mir leider die Uebersicht über die
Gesamtfabrikation, die dazu gehört, um be-

üekorative Kunst. XII. 10. Juli 1909.

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