http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_23_1911/0025
FRANZ VON STUCK
F. VON STUCK DIE GEMAHLIN DES KÜNSTLERS (1899)
Photographieverlag von Franz Hanfstaengl, München
Vornehmheit ... Es ist eine Art von Antike,
die nicht lebensfremd macht, denn Stuck vergißt
darüber nicht, daß er ein Kind dieser Zeit
ist. Aber er formt sich das zeitgenössische
Leben antik-dekorativ. Für ihn wird diese
Antike ganz einfach eine Lebensnotwendigkeit,
in ihr ruht die ihn umgebende materielle Kultur,
gerade wie es bei den Künstlermenschen der
Renaissance gewesen. In sie ordnet sich zwanglos
alles ein. Letzten Endes ist Stucks ganze
Kunst nur eine Differenzierung seines antiken
Ideals. Sieht man die energisch vereinfachten
Karikaturen seiner Frühzeit, diese seltsam
gleichmäßig gefüllten Konturen, die heute nicht
mehr ungewöhnlich sind, aber von Stuck seinerzeit
neu geschaffen wurden, so kann man für
einen Augenblick an etruskische Vasenmalerei
denken. Und daß Stuck einige Jahre lang „absoluter
Maler" war, kann das Bild des Antikischen
nicht zerschlagen. Denn wenigstens
seine Motive waren damals antik. Sein „Wächter
des Paradieses" ist ein verkleideter griechischer
Ephebe, und da lacht uns aus den
andern frühen Gemälden, zum Beispiel aus
den „Kämpfenden Faunen", auch schon das
liebe lose althellenische Waldgöttergesindel
an. Bei dem aber, was er heute malt —
nicht mehr „absolut malerisch", sondern in
der ausgesprochen dekorativen Art pompe-
janischer Wände und unter sehr bewußter Einbeziehung
des Rahmens in das koloristische
Ensemble —■ da ist die Antike so evident,
daß man darüber kein Wort zu verlieren
braucht. Und gerade so ist es auch bei seiner
Plastik, diesen markigen Bronzestatuetten, die
mich außerordentlich lebhaft an die pompe-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_23_1911/0025