http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_23_1911/0137
CARL VON MARR
von Bunzlau" und besonders „Frundsbergs
Werbung" (Abb. S. 98) haben ihren eigenen,
persönlichen Klang; dann aber folgte als
erster besonders gelungener Wurf dieser Frühzeit
die „Flagellanten", ein Bild, das Marr
den ersten Sieg errang und ihm die Tore zu
Erfolg und Ruhm aufriß (Abbildung Seite 99).
Im Jahre 1889 hing dieses Riesenbild im
Glaspalast zu München. Es war im Motiv
Historie, wie sie von Piloty und seinen
Schülern beliebt wurde, und gewisse Einflüsse
des Gabriel Max, der gerne solche pathologischen
Vorwürfe bildkünstlerisch gestaltete,
waren darin unverkennbar. Ganz außergewöhnlich
aber war die Malerei: sie war plein-
airistisch im besten Sinne. Nicht mehr eine
schmierige Malerei mit bräunlich - klecksigen
Schatten, wie sie bei der älteren Münchner
Historienmalerei gebräulich war, nicht mehr
ein buntscheckiges Kostümbild, nicht mehr
eine auf Theatereffekte zugestutzte Lichtführung
. Diese Historie war ganz hell gemalt;
Tageslicht, das die Körper modelliert, das
den Gestalten überhaupt erst wahre Körperlichkeit
gibt, umflutet die Komposition. So
erscheinen die „Flagellanten" alsein Programmbild
, das zeigen will, wo sich alte und neue
Kunst treffen können. Es lehnt die ausgesprochene
Stofflichkeit, das thematisch Interessante
der älteren Richtung nicht ab. Aber
es dokumentiert eine malerische Ausführung
mit durchaus modernen Mitteln . . .
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