Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 25. Band.1912
Seite: 412
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NEUE KUNSTLITERATUR — PERSONAL-NACHRICHTEN

betrachtung zu vertrauen. Dr. Alt kehrt mit der außerordentlich
scharf und allseitig durchdachten Forderung
einer normativen Aesthetik zum Grunde alles
umfassenden und vernünftigen Erkennens zurück:
zur Wiedergewinnung des Vertrauens zum gesunden
Menschenverstand, zum Vernunftmäßigen im Kunstschaffen
und Kunstgenießen, weil darauf im letzten
Grunde Freiheit, Größe und Würde der Kunst wie der
Menschheit beruhen, denn „außerhalb der Vernunft
gibt es keine gesunde, geschweige denn eine große
Kunst". — In diesem ersten glänzend und sachlich geschriebenen
und trotz der Schwierigkeit der Probleme
auch gut lesbaren Teil, auf den der Verfasser meines
Erachtens den Hauptwert zu legen scheint, wird den
Philosophen der Aesthetik und den von Snobismen
und Einseitigkeiten freien Kunstkennern die Freude
einer unerschütterlichen Wahrheit bereitet. Die
gegnerischen Kunstmitläufer werden vor der Wucht
der gegebenen Beweisführungen die Segel streichen
müssen. Den Hexensabbat von Snobismus, Geschäftsinteressen
, Individualitätssucht und Modenachäfferei
hat Dr. Alt, mit seiner „praktischen Aesthetik" gebannt
, wenn es im Kunstleben unserer Zeit noch
eine Besinnung auf die Würde der Kunst gibt. Insofern
ist das Altsche Werk als eine reinigende und
befreiende Tat von ungeheurem Wert gerade in einer
Zeit, in der die absurdeste Leichtfertigkeit immer
wieder ihr Wesen zu treiben versucht. Der erste Teil
des Buches von Dr. Alt wäre an sich schon eine
wertvolle Leistung; diese erhält aber noch eine kulturelle
Bewertung durch den zweiten Teil, der dem
„Impressionismus" gewidmet ist. Es ist der Kampf
gegen den vom Impressionismus heilig gehaltenen
Skizzismus, gegen den flächigen, linearen Stilismus,
gegen die Expressionisten und Symbolisten, gegen
die Tupfer, Kleckser und Strichler, kurz, gegen jede
subjektivistische Manier. Außerdem ist ein staunenswert
reiches Material zusammengetragen über die Zustände
, die heute im Kunsthandel, Museumsbetrieb
und in der Kunstschriftstellerei herrschen. Schon in
diesem Betracht hat Dr. Alts Buch Kulturwert. Die
Darlegung geht darauf aus, darzutun, wie durch Historismus
, Kunstpolitik und Händlerpraxis die deutsche
Kunst entwertet und der künstlerischen Mode
der Boden bereitet wurde. Der nach Vinnens „Protest
" fast verzweifelten Lage der deutschen Kunst ist
durch Dr. Alt ein gesundes und starkes Rückgrat gegeben
worden. Sein Werk, aus der Lebenspraxis auf
die unangreifbare Höhe der wissenschaftlichen Erkenntnis
geführt, ist eine wahrhaft deutsche Tat, denn
sie ist, ohne Rücksicht auf irgendwelche Interessen,
nur um ihrer selbst willen getan. dr. b.

Constable, John. Eine Selbstbiographie
aus Briefen, Tagebuchblättern, Aphorismen
und Vorträgen. Aus dem Englischen des C. R.
Leslie übersetzt und herausgegeben von E. Müller-
Röder und Arthur Rößler. M 8.50. Berlin, 1912.
Paul Cassirer.

Charles Robert Leslie (1794-1859), Maler und
Akademieprofessor in London, mit dem großen
Meister der englischen Landschaftsmalerei durch
langjährige Freundschaft verbunden, hat diese Sammlung
von Dokumenten zusammengestellt, die den
äußeren Ablauf dieses reichen Lebens und, was
mehr ist, die künstlerische Entwicklung des Meisters
, die allmähliche Herausbildung und Festigung
seiner Anschauungen authentisch illustrieren. Schon
die ersten eigenen Kundgebungen Constables vermitteln
den stärksten Eindruck von der Ruhe, Sicherheit
und Kraft, mit der der junge Künstler seines
Weges ging, der Meisterschaft entgegen. Er scheint
fast von vornherein jene Erkenntnisse besessen zu
haben, die ihn in der Folge zum genialen Maler machten
: in erster Linie das äußerste Mißtrauen gegen jede
Art von Manier, die ein Nachahmen von bereits Geleistetem
und daher das stärkste Hemmnis des Lernens
vor der Natur und jeder lebendigen Fortbildung
der künstlerischen Ausdrucksmittel ist. „Wenn
ich mich hinsetze, um eine Skizze nach der Natur
zu machen, so ist es mein Erstes, daß ich darnach
trachte, zu vergessen, je vorher ein Gemälde gesehen
zu haben." Das ist die Zauberformel, die Meisterwerkeerzeugt
.— Die mitgeteilten Vorträge Constables,
die in der Royal Academy gehalten wurden, sind Schulbeispiele
für sachliche Behandlung kunsthistorischer
und ästhetischer Spezialfragen. Jeder Ausspruch
strahlt innerlich von dem gesunden, offenen Sinne
des Mannes, von jener Heiterkeit und Gefaßtheit
des Geistes, die er stolz und selbstironisch als seine
„Phantasiearmut" zu bezeichnen pflegte. Es ist
charakteristisch, daß er von sich sagen konnte, er habe
nie in seinem Leben einen Roman gelesen. Es kommt
darin nur zum Ausdruck, was ihn als Maler groß gemacht
hat: der entschiedene Sinn für das Wirkliche,
für das Wahre in Leben und Kunst. — Die Ueber-
setzung liest sich recht gut, die Ausstattung ist würdig.
Recht willkommen sind die beiden zeitgenössischen,
lithographischen Porträts aus Constables Jugend und
seiner späteren Zeit. Wilhelm Michel

Osborn, Max. Geschichte der Kunst. 6M.
Berlin-Wien 1912, Ullstein & Cie.

„Eine kurzgefaßte Darstellung der Hauptepochen"
verspricht der Titel. Es ist ein populäres Unternehmen
, für große Abnehmerkreise bestimmt, und
dieser Bestimmung dürfte das Buch im ganzen recht
wohl genügen. Eigene Arbeit und eigene Erkenntnisse
treten insbesondere in der Schilderung der
jüngsten Entwicklungen hervor, die der Darstellung
der französischen Malerei einen geziemend breiten
Raum gönnt. Der geschmackvolle Schriftsteller bekundet
sich in der anständigen Stilisierung der
Einzel-Beurteilungen, die sich von den literarisch
unzulänglichen Leistungen der landläufigen Handbücher
vorteilhaft unterscheiden. Den Abbildungen
kann kein besonderes Lob gespendet werden. Die
hohe Auflage macht die geringe Qualität der Illustrationen
zwar begreiflich, aber es ist noch die Frage,
ob bei dem heutigen Stande unserer Buchkultur eine
populäre Preisstellung durch Vernachlässigung eines
so wesentlichen Bestandteiles des Buches, wie es
die Abbildungen sind, erkauft werden darf. w. m.

PERSONAL-NACHRICHTEN

/CHEMNITZ. Wie bekannt, sollte der vierte Villa
^ Romana-Preis, der einem Graphiker zuzufallen
hatte, aus Anlaß der Graphischen Ausstellung des
Deutschen Künstlerbundes in Chemnitz verteilt
werden. Das Preisgericht unter dem Vorsitz Max
Klingers hat den Preis nunmehr dem Maler Georg
Greve-Lindau in Weimar verliehen.

/"GESTORBEN: In Kiew (Rußland) der ukrai-
nische Genremaler Nicolaj Pimonenko; in
Romanäs (Schweden) der Maler Professor Knut
Ekwall, hauptsächlich auch bekannt als Illustrator,
so zum Beispiel der Frithjofsage; in Hahn i. Taunus
der 1843 in München geborene Tiermaler Anton
Weinberger.

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