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KARL KÖSTER ALS BUCHKÜNSTLER
Karl Köster ist nicht nur den Verlegern
sondern auch schon dem Laien, sofern
er sich für das Buchgewerbe interessiert oder
Kunstzeitschriften liest, eine bekannte Persönlichkeit
geworden. Neben den alten bewährten
Vertretern der deutschen Buchkunst gibt es
zwar eine ganze Reihe jüngerer Kräfte, aber
wenn man daran denkt, mit welchen Mitteln
an unseren Kunstgewerbeschulen gearbeitet
wird, muß man sich doch wundern, daß der
entwicklungsfähige Nachwuchs so gering ist.
Köster gehört zu den Künstlern unserer jüngsten
Generation, die es verstanden haben, sich
eine gewisse Stellung neben den Alten zu erringen
, und er hat dies allein durch gediegenes
Können und sachliche Arbeit erreicht. Da
die Zahl der Jungen, die mit nicht ganz redlichen
Mitteln durch irgend einen neuen Trick
das Publikum zu blüffen verstehen und dadurch
sich einen vorzeitigen Ruhm sichern,
bedauerlicherweise immer mehr wächst, berührt
das von vornherein sympatisch. Ueber-
dies ist im Buchgewerbe eine rein sachliche
Behandlung der Aufgaben gerade das, was
heutzutage am meisten nottut. Der Materialwiderstand
ist in der Graphik ja fast gleich
Null, daher hat sich eine schlecht angewandte
Verzierungskunst mit Vorliebe gerade hier betätigt
. Allein unsere besten Buchkünstler entfernen
sich immer mehr von dem „Buchschmuck
", und wenn nicht alle Zeichen trügen,
so ist die Anschauung wenigstens in den beteiligten
Kreisen durchgedrungen, daß eine
wilde Ornamentik oder dekorativ aufgeputzte
Figuren auf den Decken ein Buch nicht zieren,
und daß auch hier wieder einmal der Satz
gilt, daß sich in der Beschränkung erst der
Meisterzeigt. Da Köster Schüler
von Behrens an der Düsseldorfer
Kunstgewerbeschule gewesen
ist, hat er die beste Erziehung
genossen, die man nach
dieser Richtung hin haben kann.
Behrens ist der sachlichste,
monumentalste Künstler, der im
Buchgewerbe tätig ist, er ist
einer der Mitbegründer unserer
Schriftkunst und von einem solchen
künstlerischem Ernst, daß
ersieh offenbar lieber unbeholfen
schelten lassen, als die Schranken
seiner architektonischen
Verzierungskunst durchbrechen
würde. Köster ist den Prinzipien des Lehrers
im Grunde treu geblieben. Der Lederband von
Goethes Faust, der hier abgebildet ist, trägt
z. B. außer dem Rückenschildchen keinen
Schmuck, der nicht rein geometrisch wäre,
ebenso der Band, der „De profundis" von
O. Wilde umschließt. Auch bei den anderen
Bänden wird man stets diese Scheu,
sich zu weit vorzuwagen, herausfühlen, wenn
auch Köster durchaus nicht darauf verzichtet,
Ornamentstücke als Zierleisten oder Vignetten
oder kleine figürliche Motive anzuwenden. Der
Umschlag zu John Ruskin, „Menschen untereinander
" , gehört mit zu den reicher geschmückten
Buchumschlägen, die der Künstler
gezeichnet hat; der Rahmen auf dem Band:
„ Frauen Wirtschaft" erinnert entfernt an die Zierleisten
, die englische oder unter englischem
Einfluß stehende deutsche Buchkünstler gerne
anbringen. Bei den Gesangbüchern sind ganz
hübsch die einfachen Motive christlicher Symbolik
, das Kreuz oder das Monogramm Christi
zu ornamentalen, den Eindruck des Ganzen
bestimmenden Motiven benutzt. Bei den Pergamentbänden
wurden zur Belebung größerer,
durch Linien verzierter Flächen geschmackvolle
Ornamentstücke verwendet. Mit zu den
besten Titeln Kösters gehört wohl der Umschlag
zu Kamnitzers „Der gestohlene Tod",
der veranschaulicht, daß der Künstler in gleicher
Weise versteht, Schriften zu zeichnen und
kleine figürliche Darstellungen durch Vereinfachung
so zu stilisieren, daß sie mit der Schrift
zu einem harmonischen Ganzen verwachsen.
Diese Fähigkeiten charakterisieren Köster als
einen ernst zu nehmenden Mitarbeiter am
deutschen Buchgewerbe, der nicht bloß dilet-
tierenderweise auf diesem gewiß
sehr dankbaren Gebiete tätig ist.
Daß die Schrift der Anfang
jeder Buchkunst ist, ist noch
manchem unbekannt geblieben,
der schon lange buchgewerblich
arbeitet, ebenso, daß oft schon
genug getan ist, wenn die Schrift
gut verwendet, gut in den Raum
gesetzt und gut in sich geschlossen
ist, und wenn hauptsächlich
die Fläche als ein organisch
gegliedertes Ganzes wirkt.
Ob irgendwelcher Schmuck
reichlich oder sparsam verwendet
wird, ist gleichgültig, ein
KARL KOSTER □ TITELVIGNETTE
Dekorative Kunst. XV. 12. September 1912
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