Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 30. Band.1914
Seite: 532
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ARCH. PETER BEHRENS-NEUBABELSBERG

wissermaßen ganze Generationen an ein und
derselben Aufgabe gearbeitet, jeder einzelne
Künstler hat, unter Verzicht auf Heraushebung
seiner Individualität, sein Teil zur Hebung des
Gesamtresultats beigetragen, ähnlich wie es
heute in Fabrik- und Konstruktionsbetrieben
der Fall ist, in denen alles darauf hinausläuft,
den fabrizierten Gegenstand (photographischen
Apparat, Fernrohr, Dampfschiff, Turbine) ständig
zu vervollkommnen und zu verbessern.

Und mit dieser Entwicklung nach dem Typischen
dürfte überhaupt ein charakteristisches
Merkmal gerade der architektonischen
Künste gegeben sein. Zwischen den sogenannten
freien Künsten, als da sind Poesie,
Musik, Malerei, Plastik einerseits, und der
Architektur anderseits findet der grundlegende
Unterschied statt, daß diese freien Künste in
sich selbst ihren Zweck erfüllen, die Architektur
jedoch dem praktischen Leben dient.
Die freien Künste sind so gewissermaßen Ausnahmen
des täglichen Lebens, wir wenden uns
zu ihnen, wenn wir uns von dem Alltagsleben
losmachen wollen, wenn wir Befreiung von
dem Täglichen suchen. Die Architektur dagegen
als die rhythmische Fassung unserer
täglichen Lebensbedürfnisse bildet den ruhigen
Hintergrund, auf den sich dann das Außer-

FESTHALLE, EINGANGSSEITE (vgl. S. 533)

ordentliche des Lebens erst aufbauen mag. Es
ist daher eine bekannte Beobachtung, daß sich
Exzentrizitäten in der Architektur mehr rächen,
als in irgend einer anderen Kunst. Gerade die
jeweilig als „modern" ausgegebenen Werke
sind nach fünf Jahren meistens nicht mehr
anzusehen. Kunstgewerbe-Museen, die in Paris
1900, der Zeit des Individualismus, moderne
Innenkunst kauften, haben diese inzwischen
in einen stillen Winkel des Untergeschosses
gestellt. Wir sind also auf dem Gebiete des
Tektonischen besonders empfindlich gegen alles
Unnormale, aus dem ruhigen Bett der Entwicklung
Heraustretende. Es ist das Eigentümliche
der Architektur, daß sie zum Typischen
drängt. Die Typisierung aber verschmäht
das Außerordentliche und sucht das
Ordentliche. Das Kunststück liegt darin, das
etwa erstrebenswerte Aparte nur innerhalb des
Typischen zu suchen. Jede Ausschreitung über
gewisse Grenzen führt ins Parvenühafte und
Unkultivierte.

Die Zurückführung der Bewegung
auf das Typische ist vor allem auch
nötig, um eine Einheitlichkeit des allgemeinen
Geschmackes he rbeizuführen.
Für das Publikum ist eine gewisse Ueberein-
stimmung des Vorhandenen, eine sichtbare

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