http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_35_1917/0530
ADOLF MONZER
Große Berliner Kunstausstellung, Düsseldorf
MUSIK
vertreten. Um so stattlicher wirkt Gerhard
Janssen, dessen Saal für die Rheinländer
einen der Hauptanziehungspunkte des Kunstpalastes
bildet. Die feuchtfröhlichen Zecher
dieses Künstlers rekrutieren sich nicht mehr
wie in der Zeit Hasenclevers — den Gottfried
Keller einmal den „Hofmaler des Weins"
genannt hat — aus den Bürgerkreisen,
sondern sind den Niederungen entnommen,
in denen das „Obergärige" und der Schnaps als
Göttergetränke gelten. In der zähen Konsequenz
, mit welcher Janssen jetzt schon
Jahrzehnte an diesem engbegrenzten Stoffkreise
festhält, den er mit einem in Düsseldorf
fast einzig dastehenden malerischen
Können wiederzugeben versteht, steckt etwas
Bewundernwertes. Ein Routinier ist Janssen
nicht. Doch muß man sich die Frage stellen,
ob nicht die sehr lebhafte Nachfrage nach
diesen Zecherbildern aus den Kreisen der
Privatsammler und des Kunsthandels den
Künstler verhindert hat, jene etwas dumpfe
Atmosphäre zu verlassen. In seinen Anfängen
hat Janssen eine farbigere Palette besessen
als heute, da ein kräftiges Braun dominiert.
Auch das Bild „Bei leerer Kanne" (Abb.
S. 459) ist noch auf Hellgrau und Blond gestimmt
. Als das Schönste, was Janssen auf
diesem Gebiete gelungen ist, muß das kleine
Innenraumbild „Bockhalle zu Düsseldorf",
eine der Neuerwerbungen der städtischen
Galerie, hervorgehoben werden; hier bieten
sich Entwicklungsmöglichkeiten, die leider
später nicht ausgeschöpft wurden. Es war
für das Düsseldorfer Kunstleben stets die
größte Gefahr, daß eines erfolgreichen Malers
Stil zu schnell ins Formelhafte geriet. Daß
es lange an einer einsichtigen Pressekritik
gefehlt hat, machte diese Gefahr nicht geringer
. Ich sehe darum auch in den August
Deusser immer wieder vorgeworfenen Stilschwankungen
kein so großes Unglück, begrüße
es vielmehr, wenn ein Erfolgreicher,
ein „Arrivist" sich gegen jede Stilversteinerung
stemmt und mutig neue Wege einschlägt,
wenn alte ihm ungangbar oder unterhöhlt
vorkommen!
Deusser hat seit der letzten Kölner Sonderbundausstellung
von 1912 nicht mehr ausgestellt
. Er entzog sich grollend Düsseldorf
und dem Düsseldorfer Kunstleben. Daß jedoch
„der Zorn des Achilles" nicht unfruchtbar
blieb, beweist jetzt der „Deusser-Saal" der
Ausstellung, den der Künstler mit seinem
Freunde, dem Landschaftsmaler Max Claren-
bach, und dem alten Ernst te Peerdt teilt.
Es wirkt durchaus nicht alles überzeugend
unter den annähernd zwanzig Gemälden des
Künstlers, gelegentlich verstimmt sogar ein
allzu bewußter Archaismus — das Bild der
badenden Frauen erinnert geradezu an Friedrich
Stahl — oder eine kaum verhüllte, weitgehende
Anlehnung an die französischen
„Dekorativen" vom Schlage Roussels und
Bonnards. Aber in dem großen eigenartigen
Schlachtenbilde (Mars la Tour), in der „Kreuzigung
" und anderen Werken wirkt das Stilwollen
sympathisch. Es drängt Deusser, der
einst mit „Historien" begann, aufs neue zum
Monumentalstil. In dem Kirmeßbilde (Abb.
S. 465) und den „Spielenden Pferden" (Abb.
S. 458) sind wohl die reifsten, auch farbig
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