Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 36. Band.1917
Seite: 140
(PDF, 113 MB)
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arch. o. f. matthes-monchen

verkaufsraum der buchhandlung a. buchholz in mönchen

die von dem Geist dieser Kriegszeit zeugen
sollen, wieder Unfrische und Unselbständigkeit
, so ist es nicht erfindlich, warum man
bei Schinkel haltmachen soll, warum man
nicht richtiger, nicht aussichtsvoller zurückgreifen
sollte auf die Urquellen, aus denen
schon er geschöpft hat, warum es nicht gleich
die Kunst der Griechen und Römer sein soll.
Oder, um ein anderes Beispiel zu nehmen,
der „Schöne Brunnen" in Nürnberg, den
Zimmermann hier als Vorbild neben das Kreuzberg
-Denkmal hängt, ist doch wohl ergiebiger
als das vor hundert Jahren entstandene dürftige
Ding. Ich weiß, diese Konsequenz wird man
ablehnen. Solchen Eklektizismus wagt man
nicht mehr zu empfehlen und glaubt etwas
anderes, etwas Besseres zu tun, wenn man
„Tradition" zu pflegen vorgibt.

Uebrigens sind wir schon tiefer in diese
Ungeistigkeit verstrickt, als man zugeben will.
Sieht man sich einmal 100 oder auch 500
unserer neuen Denkmalsentwürfe an, so überkommt
einen die Langeweile ob all der Eintönigkeit
, die zurückzuführen ist auf die
paar Vorbilder, an die man sich wieder und

wieder klammert, um nicht schöpferisch werden
zu müssen. Zugegeben, es ist „Niveau" in
diesen Sachen; des wüsten, formlosen Zeugs,
dessen wir sonst bei derlei Papier-Architekturen
gewärtig sein mußten, ist es weniger geworden;
aber das ist auch alles. Gerade bei solcher
Gelegenheit, wo man einmal nicht ganz dem
Zweck Untertan und sachlich zu sein brauchte,
ist diese künstlerische Unfrische und Schwung-
losigkeit doppelt befremdlich. Man braucht
dagegen ja nur einmal die in Oesterreich, in dem
Wettbewerb der Wiener Kunstgewerbeschule
entstandenen Denkmalsentwürfe zu betrachten.
Da, wo man nicht so sklavisch Untertan ist
einer eingebildeten Tradition, sind doch ganz
überraschende Dinge entstanden, die man
vielleicht nicht alle ausgeführt sehen möchte,
die aber doch in weitestem Maße künstlerisches
Temperament, Erfindungsgabe und Gestaltungsvermögen
bekunden. Diese Art, die
von dem schöpferischen Künstler ausgeht und
darauf hinzielt, schöpferische Kräfte zu wecken,
ist die vorbildliche, nicht aber eine auch noch
so ehrwürdig gemeinte Abhängigkeit vom unwiederbringlich
Gestrigen. Paul Westheim

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