Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 36. Band.1917
Seite: 258
(PDF, 113 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_36_1917/0298
wing room des Königs noch gegen 500 £ (also
immerhin etwa 40 000 Mark). Der Luxus erstreckte
sich dabei auf Kostbarkeit der Stoffe:
Seide und Sammet für die Fräcke, Gold- und
Silberbrokat für die Westen. Die Kunst forderte
ihren Anteil in der Stickerei, mit der
sie dieses kostbare Material verzierte, ja oft
ganz bedeckte. Solche Stücke zeigt die Ausstellung
in beträchtlicher Anzahl und von
großer Schönheit. Die meisten aus der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts
, als die
Stickerei nicht
mehr en plein, wie
man es nannte,
sondern en bor-
dure ausgeführt
wurde. Der auf
Seite 260 abgebildete
Frack ist aus
Olive-Sammetge-
fertigt mit stilisierten
doldenartigen
Blüten in
Creme-Seide bestickt
, eine Farbenzusammenstel
lung
von vornehmer
Wirkung. Neben
diesem Putzkleid
des Herren
suchte man allerdings
das bürgerliche
Kostüm, das
männlicheAlltags-
kleid vergeblich.
Das ist zu bedauern
; denn man erhielt
auf diese
Weise natürlich
nur ein einseitiges
Bild der Zeit.
Schließlich ist ja
doch auch im 18.
Jahrhundert die
Männerwelt nicht
immer und bei jeder
Gelegenheit in bunter gestickter Seide einhergegangen
. Für das 19. Jahrhundert fehlte
der männliche Anzug überhaupt so gut wie
ganz. Kein Wunder, er konnte bei dem geringen
Wechsel der Schnitte bis zum letzten
Faden aufgetragen werden, und nichts an ihm,
aber auch gar nichts lud zum Aufheben ein.

So nahm denn das Damenkleid, wie es
sich gebührte, den breitesten Raum der Ausstellung
ein. Und wenn auch hier, mit wenigen
allerdings glänzenden Ausnahmen, das

GESTICKTES KINDER KLEIDCHEN AUS BLASZ BLAUEM TAFFET

(18. JAHRHUNDERT)
Eigentum des Mode-Museums in Berlin

Hauskleid gegen die Gesellschaftsrobe zurücktrat
, so hatten wir doch von der Mitte des
18. Jahrhunderts an bis 1900 fast alle Schnitte,
wie sie nacheinander Mode waren, in charakteristischen
Beispielen vor Augen. Schwierigkeiten
und solche eigentümlicher Art boten
sich hierbei nur insofern, als zwar die Kleider
vorhanden waren, aber ihre Vorbedingungen
, ja im eigentlichsten Wortverstand,
ihre Grundbedingungen fehlten: Korsett und

Reifrock. Wer es
nichtschonimmer
gewußt hätte, der
hätte es bei der
Ausstellung hier
lernen können;
dieeigentlicheMo-
de bestimmt das
Schnürleib. Es
gibt die Architektur
, den Umriß;
das Kleid ist nur
Fassade. Davon
kann sich jeder
überzeugen, der
auf unseren Bühnen
historische
Stücke sieht und
niemals in solchen
ein wirklich richtig
sitzendes Damenkleid
finden
wird. Das liegt daran
,daßdieSchau-
spielerinnen in
ihrer Erscheinung
nicht auf die moderne
Linie des
corset sans ventre
verzichten wollen
, Kleider einer
früheren Epoche
also gar nicht richtig
anziehen können
. Die Schnürbrust
des 18. Jahrhunderts
war ein
Marterinstrument aus Eisenstäben, so daß der
Zar nach dem Ball, den ihm die Kurfürstin
Sophie von Hannover 1697 gegeben hatte,
ganz verwundert ausrief: „Wie teufelsharte
Knochen haben die deutschen Frauenzimmer."
Dieses Korsett wurde über dem Kleide getragen
, so daß z. B. eine Braut im Jahre
1750 zu einem Rock von brauner, mit roten
und gelben Blumen durchwirkter Seide, eine
Schnürbrust von grasgrünem gros de Tours
mit Gold gesteppt anlegte. Erst als die leichten

258


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_36_1917/0298