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OLAF GULBRANSSON EXZELLENZ MUMM VON SCHWARZENSTEIN
Colla Rossi nach dem Modell zu zeichnen, und
ehe ihn 1902 der Simplizissimus in seinen Bannkreis
zog, erschien im Verlag von Olaf Norli
ein Heft mit 24 Karikaturen heimischer Berühmtheiten
, die in sehr verschiedenartiger Feder
- oder Pinselführung sich immer aufs glücklichste
dem jeweiligen Modell anpassen, alle
aber schon den vollen „Gulbransson" erkennen
lassen. Einige, wie Henrik Ibsen, O. Thomme-
sen, Hans Aanrud sind eigentlich kaum karikiert
, während bei anderen, z. B. bei Möns Lie,
Hialmar Christensen, Helge Rode, Vilhelm Krag
und Thomas Krag die stilisierte Verzerrung
wahre Orgien feiert.
Die Porträts, die bald darauf im Simplizissimus
erschienen, zeigen großenteils eine Vereinfachung
und damit eine Verfeinerung. Ich
denke dabei namentlich an Gabriele d'Annunzio
mit den leeren Augenhöhlen und den sinnlichen
Lippen, an Paul Heyse, den süßen Barden, und
Otto Julius Bierbaum, den Kaffeehauslyriker
mit dem kleinen Näschen über breitem Doppelkinn
und der fetten, den Zigarrenstummel liebkosenden
Hand, an Björnstjerne Björnson, den
er mit einem Mindestaufwand gekrümmter Federzüge
gewissermaßen in eine Formel bannte,
an Georg Brandes, den müden Spötter mit dem
nachdenklich auf die riesengroße Hand gestützten
buschigen Kopf, an Ludwig Thoma, den
oberboarisch Aufgestemmten, mit Pfeife, Lodenjoppe
und Zwicker, oder an Thomas Theodor
Heine, der im karrierten Anzug und in Filzschuhen
, einen mißvergnügten Mops zur Seite,
in seinem Biedermeierzimmer auf dem Sofa sitzt
und mit gutgespielter Harmlosigkeit die bukolische
Flöte bläst.
Aber auch die Simplizissimus-Porträts waren
nur ein Durchgangsstadium für Gulbransson,
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