Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 39. Band.1919
Seite: 250
(PDF, 134 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_39_1919/0284
tung zu setzen, daher erwähnt er die von Pe-
ladan und Barres geführten Klagen über die
Saumseligkeit der Inventarisierungsarbeiten natürlich
nicht, die zwischen 1912 und 1914 feststellten
, daß von 1938 kirchlichen Baudenkmälern
in der Provinz erst 372 inventarisiert
worden waren. Dann aber wirft Leon — im
Gegensatz zu den einseitigen Kulturpolitikern
im Kriege, im Gegensatz zu Emile Male, Andre
Michel u. a. — ein klares Licht auf die weniger
erfreulichen, ja zum Teil schmachvollen Zustände
in der französischen Denkmalpflege.

Er schildert in wenig geschminkter Form die
ungeheuren Zerstörungen, die die französische
Revolution offiziell durchführte (S. 24—38). Er
stellt fest, daß Vitet und Merimee um die Mitte
des Jahrhunderts unausgesetzt über den Kunst-
vandalismus der Stadtbehörden, der Industrien,
der staatlichen und Militärbehörden zu klagen
hatten (S. 68). Er berichtet, daß keine Behörde
gegen die Ankäufe von Amerikanern protestierte
(S. 82). Die Statuen „Le roi de Bourges",
,.1'Ange du Lude", die Gitter der Kathedrale von
Troyes (S. 308), das ganze Kloster von Mariac,
die Maison du Roi in Abbeville (S. 83), wurden
nach Amerika verkauft. Leon klagt, daß um
die Mitte des Jahrhunderts 200 neugotische
Kirchen in Frankreich errichtet worden sind
(S. 12g). Er wirft der Kunstverwaltung vor,
daß sie nicht fürsorglich genug die Wetterschäden
an den Kunstdenkmälern ausbessern
(S. 144) und die Pariser Hotels des Adels verwahrlosen
ließ (S. 154), und prägt den scharfen
Satz: „Le vandalisme cultuel comme le vanda-
lisme administratif, ä denature l'aspect des
eglises, en y adossant des bätiments parasites"
(S. 191).Er findet scharfe Worte gegen die Freilegung
von Kirchen in Paris und in der Provinz
(S. 191—211),durch die viele Stadtbilder ihren
Charakter verloren haben und stellt schonungslos
die Restaurationen der Baudenkmäler, vornehmlich
unter Viollet le Duc an den Pranger. Die
Gegenüberstellung von Abbildungen vor und
nach der Restauration der Kirche St. Laurent in
Paris (S. 214—215) und von demSchlossePierre-
fonds (S. 336/7) sind allerdings ein schlagendes
Beispiel für den Kunstvandalismus der französischen
Regierung. Bittere Klagen führt Leon über
die berüchtigte Verwüstung des päpstlichen Palastes
in Avignon (S. 177/8), über die willkürliche
^ modernen Änderungen des Hospitals in
Beaume. Ein hartes Urteil Renans über den
Kunstsinn der Franzosen wird auf Seite 320 als
berechtigt zitiert: „De nos jours, enfin, il semble
qu'on s'efforce de detruire jusqu'aux vestiges des
fondations anciennes, de rendre toute image du
passe impossible et de derouter jusqu'aux Souvenirs
." Dr. Otto Grautoff

(Der Schluß folgt)

250


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_39_1919/0284