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MASZNAHMEN ZUR BEKÄMPFUNG DER WOHNUNGSNOT
IN DER ÜBERGANGSZEIT*)
Die vier-, man kann jetzt beinahe sagen fünfjährige
Unterbrechung desWohnungsbaues
durch den Krieg, die Überfülle der vor der Tür
stehenden Aufgaben und der heranziehende Gewittersturm
einer Wohnungsnot stellen uns
einer Lage gegenüber, die uns um so hilfloser
antrifft, als die jetzigen überaus hohen Baupreise
, der Mangel an Bauarbeitern und Baustoffen
, das Gebundensein aller technisch tätigen
Kräfte durch den Krieg, jede sehr groß angelegte
Bautätigkeit zur Unmöglichkeit machen.
Aber selbst wenn die erforderlichen Arbeitskräfte
freigegeben würden, wenn Baustoffe in
genügender Menge vorhanden wären, wenn Geld
und Bauland zur Verfügung ständen, so könnte
die gewerbsmäßige Wohnungsherstellung dennoch
den Wohnungsbau nicht aufnehmen, weil
*) Diese Ausführungen sind ein Auszug aus dem diesen
Gegenstand behandelnden Kapitel des soeben im Verlage von
F. Bruckmann A.-G., München, erschienenen Buches: Kleinhaus
und Kleinsiedlung von Hermann Muthesius. Preis geb. M.7.50.
die bei den heutigen Baupreisen hergestellten
Wohnungen so teuer würden, daß sie eine viel
zu hohe Miete ergäben. Dadurch ist jeder Antrieb
zum Bauen untergraben. Die gewerbsmäßige
Wohnungsherstellung kann sich nimmermehr
auf den Versuch einlassen, ihr Geld und
ihre Arbeit in ein Unternehmen zu stecken, das
so wenig Aussicht auf Ertrag hat.
Die Aufgabe muß also durch eine Art Kriegsmaßnahme
zu lösen versucht werden. Staat und
Gemeinde müssen helfend eingreifen. Zunächst
müssen öffentliche Mittel in hinreichender Höhe
zur Verfügung gestellt werden, um die Bautätigkeit
wieder in Gang zu bringen. Dabei wird
es sich vorwiegend darum handeln, den Teu-
rungsüberschuß zu decken, den die augenblickliche
Lage geschaffen hat. Der Staat oder eine
Gemeinde können aber öffentliche Gelder nur
dann ausgeben, wenn sie gleichzeitig eine Überwachung
über deren Verwendung ausüben. Wenn
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