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rative Wechselwirkung zwischen Schwarzweiß
zu einem Stil gestaltet, so wird doch hier der
Hauptreiz in der eignen Stofferfindung und -Behandlung
zu finden sein, die hier ohne literarische
Anregung frei schalten und walten kann.
Auf allen Gebieten der angewandten Graphik
und ihrer Nachbargebiete ist Enders zu Hause.
Zwei Bucheinbände — für die Psalmen und
Hölderlins „Hyperion", beide im Inselverlag —
scheinen mir besonders beachtenswert; hier hat
der Künstler sich von den reichen,kostbaren Bucheinbänden
des frühen Mittelalters inspirieren
lassen. Aus Leder, Edelmetall und farbigen
Edelsteinen sind hier Buchdeckel geschaffen,
die sich den besten Vorbildern aus jener Zeit
vergleichen können, dabei aber doch modern
empfunden sind, unserer Anschauung mehr
entsprechen als jene üppigen Anhäufungen von
Luxusmaterial. Enders beschränkte sich darauf
, nicht die ganze Seite mit Schmuck zu überziehen
, sondern hat ihn wohl abgewogen auf die
markanten Stellen verteilt, so daß die Auswahl
des edlen Materials voll zur Geltung kommen
kann und eine feierlich-sakrale Wirkung ausgelöst
wird. Von den zahlreichen Titelblättern,
L. ENDERS DIE SCHWARZE BLUME
L. ENDERS VERFÜHRUNG
die Enders entworfen hat, sind jene am gelungensten
, die aus dem gleichen mystischen Quell
schöpfen wie seine Illustrationen, in denen
phantastische, esoterische Themata angeschlagen
werden, wie in der „Gespensterfalle" von
Rachilde, bei dessen Doppeltitel reichstes Arabeskengerank
den Grundton bestimmt, von dem,
sich scharf umgrenzt, Titel und Titelvignette
abheben. Ferner der Einbandtitel von Viktor
Hugos „Letzter Tag eines Verurteilten"
mit dem grauenhaft verzerrten Kopfe, dem ein
japanischer Dämon sich in die Schläfe einkrallt
! Was sonst leicht fatal wirkt, weil man
die Überspannung bemerkt, erwächst hier organisch
aus einem Quell: einer in sich geschlossenen
Persönlichkeit.
Ruhig und sachlich geben sich die Exlibris, die
Enders gezeichnet hat. Sie haben nichts von
dem Spielen mit Symbolen, die sich auf den
Besitzer beziehen und dessen Persönlichkeit bedeutender
oder geheimnisvoller erscheinen lassen
sollen, an sich; sie sind — rein formal betrachtet
, echte Bucheignerzeichen, die in der
Anspruchslosigkeit des Formats und der Ausstattung
so gehalten sind, daß sie sich auch
wirklich zum Einkleben in alle Bücher einer
Bibliothek eignen und nicht nur für die Mappe
des Graphiksammlers geschaffen sind. Mit lie-
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