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das er an seinem Nachbar Ludwig Dill (Nachbar
im eigentlichen Wortsinne des über den Gartenzaun
Guckens) immer bewundert und das
unter den Süddeutschen etwa Langhammer und
Hoelzel gepflegt haben. Nichts wäre falscher,
als den Helden einer solch kleinen Biographie
unhistorisch und gefährlich hinaufzuschrauben
und in die Höhe zu loben. Und niemand würde
sich ehrlicher gegen ein solches Verzeichnen
des Maßstabes wehren, mit fröhlicherem Humor,
als der bescheiden selbstsichere Julius Bergmann.
Es ist nicht gut und nicht gesund für eine
Zeit, wenn die Auguren, sich die Hände drückend,
für beste Kunst nur das Wort „stark" finden
— das nun heute nur allzuviel auch hinkende
Schwäche und hohles Bramarbasieren decken
soll. Die Kenner und Liebhaber, die vor der
erlesenen Kunst von Buchholz und Theodor
Hagen, von Sperl und Seibels bewundernd standen
, haben wohl nie „stark" gesagt, aber um so
mehr „fein". Wenn einer mit der Sicherheit
eines strengen Bekenntnisses seinen Weg unbeirrt
weitergeht, ohne Anleihen bei den jüngsten
ihm schlecht zu Gesicht stehenden Moden
zu machen, nur das ihm eigene tüchtige Können
zu sublimieren suchend, so heißt er heute
allzuleicht altmodisch — aber es gibt nur eine
gute alte und neue Mode: sein Metier beherrschen
und gute Malerei machen, alles übrige
ist Programmkunst und Selbsttäuschung, Messieurs
(was freilich auch schon eine Binsenwahrheit
ist). Die Bergmannsche Kunst ist
(wenn nicht müde und überkluge Atelierarbeit
sich dazwischen schiebt) vor allem was man
allzuoft bei der heutigen Art, einen Künstler
zu werten, vergißt, sehr gute Malerei von der
allerbesten Tradition, von bewundernswerter
Sicherheit der Pinselführung, getragen von
einem feinen und sicheren Geschmack in der
farbigen Behandlung, intim und groß zugleich,
und zumal die ganz frischen und halb skizzenhaften
unmittelbar vor der Landschaft gemalten
Stücke von einer prachtvollen Kraft und
Jugend der Farbe. Immer mehr sucht seine
Kunst im letzten Jahrzehnt die große Ruhe —
die Ruhe, von der Ruskin einmal gesagt hat,
daß kein Kunstschaffen ohne sie wirkliche
Größe erreichen könne. In der Ruhe und in
der Vereinfachung von Form und Farbe und
Wirkung, in der Verinnerlichung der Stimmung
liegt der Weg und liegt das Ziel dieses Künstlers
— und das möchte man auch aus seinem
Weiterschreiten nur noch mehr herauslesen
dürfen.
JULIUS BERGMANN
NOCTURNE (1921)
Il8
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