Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 46. Band.1922
Seite: 104
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NEUE KUNSTLITERATUR

Brinckmann, A,E. Deutsche Stadtbaukunst
in der Vergangenheit. Zweite erweiterte Auflage.
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt a. M. 1921.

Die Notwendigkeit zur Rechenschaftsablage
über die Art, wie wir unsern künstlerischen Besitz
verwalten, pflegt in Zeiten der Bedrängnis mit dem
Zwange zu neuer geistiger Einstellung auf die Fragen
der wirtschaftlichen Kultur Hand in Hand zu
gehen. Ihr verdanken wir auch die Arbeit Brinck-
manns, die zehn Jahre nach dem Erscheinen der ersten
Auflage dieses ausgezeichneten Buches ein vielzerstörtes
und vielumkämpftes Gebiet von neuem
in den Kreis einer weitsichtigen und aufschlußreichen
Untersuchung stellt. Den stadtbaukünstleri-
schen Gestaltungsgesetzen beizukommen, die in
jedem praktischen Fall und durch jeden schöpferisch
Berufenen neu auf den Plan treten, versuchen
heute allerorten die Architekten. Aber so jung die
Wissenschaft des Städtebaus, als eine akademische
Einheit, auch ist, so stark haben sich doch schon in
ihr die Theorien und die Vorstellungen geschichtlicher
Entwicklungsreihen überkreuzt, ja befehdet.
Wie viel wir Camillo Sitte verdanken, ist oft genug
betont worden. Um so eher darf man darum auch
auf die Gefahren hinweisen, die allen Tendenzen zu
einem abstrakten Planmachen aus seinen Lehren
erwachsen. Es ist ein besonderes Verdienst des vorliegenden
Werkes, zu zeigen, daß jede Stadt ein lebendiges
organisches Gewächs ist, in dem alt und
neu nicht gegeneinanderstehen, sondern das Neue
die Fortsetzung und Erfüllung des Alten darstellt.
Wie oft hat man übersehen, daß es in der Ästhetik
eine absolute Schönheit ebensowenig gibt wie in der
Philosophie eine absolute Wahrheit, daß die Vergangenheit
für die Gegenwart nie Vorbild sein kann,
da diese von ganz anderen Strömen geistigenBlutes
durchkreist wird. Und aus diesem Irrtum ging man
an die Neubearbeitung unserer Stadtpläne im Geiste
der Vergangenheit, der man einen schlechthin unanfechtbaren
Höchststand derkünstlerischen Weisheit
beimaß. Wie die Literatur hier alt und neu in
Beispiel und Gegenbeispiel gegenüberstellte, huldigte
sie einseitig der Form, statt in der Erkenntnis
des Formprozesses die Schönheit und Würde des
Ererbten neu zu erleben. Stadtansichten und -Pläne
auf ihre architektonische Ausdrucksform zu prüfen,
die plastischen Größenverhältnisse, die Ausbildung
des Baublocks, denRhythmus des Raums, die Funktionen
des Platzraumes an erlesenen Beispielen zu
entwickeln, dazu befähigen den Verfasser nicht nur
eine umfassende Kenntnis der Monumente, eine vielerprobte
Sicherheit des Blickes und eine auch im
Praktischen geschulte Klarheit der künstlerischen
Gesinnung, sondern vor allem ein ganz besonderes
Talent der anschaulichen und überzeugenden literarischen
Bildung. An seiner Hand die deutschen
Städte aus vier Jahrhunderten zu durchwandern,
ist ein Genuß von seltener Art. Mit der Formel:
„Kunst im Stadtbau heißt, ein Verhältnis zwischen
der Plastik der Baumassen und den Räumen von
Straßen und Plätzen zu finden" hat er selbst den Kern
seiner Lehren gegeben. An fast anderthalbhundert
Ansichten und Plänen gewinnt er sich und uns die
notwendige sinnlicheErlebnisstärke dieses Wissens.
Die Aufgaben, die unser heute harren, verlieren die
beklemmende Note eines Zwanges zu äußerer Kargheit
, wenn sich ihre Meister und ihre Nutznießer die
Weite des Horizontes zu eigen machen, der sich
hier öffnet.

E. H.

C. F. BARTHEL-
MÜRAU

ABENDRUHE


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