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lieh in den Fragen seiner Kunst und schien
mit den Gedanken der großen Schriftsteller so
vertraut, daß er mich oft in Erstaunen setzte,
und ich habe tatsächlich nie einen Menschen
gekannt, der bei so wenig Lektüre, im höheren
Geistigen so viel zugeben vermochte, wie Jaeckle,
was natürlich viele seiner Berufsgenossen nicht
ahnten, denn so liegt es einmal in der Natur
der Sache.
Jaeckle hatte ein Unglück, wofür er aber
doch gewiß nichts konnte und woraus man
ihm doch wahrhaftig keine Schuld machen
durfte, was man aber getan hat: er war El-
sässer. Die Alemannen jenseits des Oberrheins
sind so festgewurzelte Alemannen wie die diesseitigen
. Wenn sie politisch manchmal anders
eingestellt sind, so ist das die Schuld anderer,
nicht ihre. Vor dem Krieg hat niemand in
München nach dem Elsässertum Jaeckles gefragt
, aber während des Krieges geschah ihm
von Einzelnen manchmal groß Unrecht und er
hat seelisch schwer darunter gelitten, was die
Anderen natürlich wieder gar nicht geahnt haben
. Es ist so leicht Unrecht zuzufügen und
es sieht so heldenhaft aus.
Und Jaeckle war eine mimosenhafte Natur.
Er war auch, und das ist durchaus deutsch,
von so tiefer seelischer Keuschheit und leiblicher
Schamhaftigkeit, daß ich ihn darin nur
mit seinem engeren Stammesgenossen Hans
Thoma vergleichen kann. Und besonders in
seiner Kunst hat Jaeckle weniger als irgend-
CHARLESJAECKLE
Die Kunst ftir Alle. XXXIX.
KNABENFIGUR
200,
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