Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 49. Band.1924
Seite: 212
(PDF, 115 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_49_1924/0240
der Enge der Flußtäler und Waldschluchten
gelegentlich ein befreiender Blick in die Weite
einer offenen Gegend: so völlig ist dieser Stil
erzeugt aus der Natur des Donautals und
der Gesinnung seiner Bewohner, daß man
sich gewöhnt hat, ihn schlechthin den Donaustil
zu heißen.

Neben Altdorfer ist der bedeutendste Künstler
dieses Kreises der Passauer Wolf Huber. Er
ist nur wenig jünger als Altdorfer, etwa zehn
Jahre, aber doch merkbar der Vertreter einer
späteren Generation. Von seinem äußeren Leben
wissen wir fast nichts: um 1490 muß er geboren
sein, möglicherweise, aber nicht sicher
zu Feldkirch in Vorarlberg. Über seinen künstlerischen
Entwicklungsgang sind wir fast nur
auf Vermutungen angewiesen; man hat angenommen
, daß er bei Altdorfer in die Lehre
gegangen ist. Aber schon die früheste erhaltene
Zeichnung, die schöne Ansicht des Mondsees
bei Salzburg (Abb. S. 211), zeigt eine Reife
und leidenschaftslose Beobachtung, die von
gleichzeitigen Zeichnungen Altdorfers stark
unterschieden ist. Gewiß hält auch dieser der
Landschaft alle pathetische Stimmung fern,
allein man spürt das heiße Werben des Künstlers
um die Natur in den nervös abgehackten
Strichen (Abb. S. 212). Dagegen fängt Huber mit
einer fast unpersönlichen Sachlichkeit die Landschaft
in das wundervoll klare Gefüge seiner
sicheren Linien ein. Es ist nicht anders bei

der Darstellung von Menschen: für Altdorfer
bleiben sie Hauptsache, die Landschaft nur
romantische Kulisse; mit einem Humor, den
man sich nicht allzu naiv vorstellen darf, genießt
er die Absonderlichkeiten dieser Menschen
und dieser Natur als Auswüchse des
Persönlichkeitsdrangs. Huber gibt in drei prächtigen
Holzschnitten wohl auch einmal ein paar
Landsknechte, nicht vom Hauch des Märchenhaften
umspielt wie bei Altdorfer, sondern von
erdhafterer Abenteuerlichkeit (Abb. S. 221):
eine Impression von den Landstraßen, auf denen
er in diesen Jahren, wie man erhaltenen Landschaftsstudien
entnehmen kann, von Feldkirch
bis Linz zieht; nicht die Menschen sind ihm
die Hauptsache, sondern das Wandern: das
schwingende Tempo angedeutet und zugleich
ins Große stilisiert durch das grandiose Motiv
der drei parallelen Lanzenschäfte, die über den
Bildrand hinausragen: wieder, wie in der Mondseelandschaft
, jene gleitende Linie, die nur als
wundervoll flächiges Ornament etwas Renaissancehaftes
hat, in ihrer Unbegrenztheit aber
einen dunklen barocken Drang ahnen läßt. Dies
ist der Unterschied zwischen Altdorfer und Wolf
Huber, daß jener durch die ererbten sensiblen
Ausdrucksmittel der Gotik hindurch zum Neuen
vordringt, während für Huber die dekorative
Sprache und Größe der Hochrenaissance selbstverständliche
Voraussetzung ist, über die sein
Geist weiterstrebt in den Barock.

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