Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 51. Band.1925
Seite: 34
(PDF, 97 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_51_1925/0054
Maler werden könne, wie die, von denen die
Icheinen Bilder im Bafler Mufeum gemalt feien".
Auch warThoma zum Pfarrerwerden zu alt und
um Ratlchreiber zu werden, zu jung und zum
Uhren!childmaler zu arm; er konnte das Lehrgeld
oder die Bürgfchaft nicht aufbringen.
In der Karlsruher Kunftschulzeit genoß Thoma
zunächst nur das Vertrauen in leine Begabung
bei Schirmer. Er lagt darüber in feinem Tagebuch
: „Meine Studien und bei onders einigeKom-
pofitionen, einige zu Hebels Gedichten, gefielen
dem Direktor Schirmer ganz außergewöhnlich;
er rief aus: ,Thoma, Sie find ein Poet!' Er foll
auch geäußert haben, als andere fagten: ,Das gibt
einen zweiten Richter'': ,Das gibt noch einmal
viel Bedeutenderes alsRichter!" — Auch die erste
Kritik fiel fehr günftig aus. Man nannte Thomas
Bildchen „ImTannwald" einen „heimeligen Anklang
an Hebel, voll Seele". Aber Mitfchüler
und ältere Maler haben aus anderen Bildern ungebeten
Frifche und viel Selbständiges hinwegkorrigiert
. Der Anfang zu der fchweren Verkennung
Thomas feitens der KunftprofefToren
und Kunftvereinsbefucher war damit eingeleitet,
was Ende der fechziger Jahre dazu geführt hat,
daß Thoma das Bilderausftellen in Karlsruhe
unmöglich gemacht wurde und der Akademiedirektor
ihm das Unziemliche feines Verhaltens
gegenüber dem Publikum vorhielt.
Aber auch in DüJÜTeldorf ftieß Thoma auf ent-
f chiedenen Widerstand und heftige Ablehnung.
Dem geringfehätzenden Urteil einiger Genremaler
begegnete nur Otto Scholderer mit dem
Hinweis, daß die Düfieldorfer befTer täten, lieh
darauf vorzubereiten, wie Thoma zu malen,
als umgekehrt.

In dief en für deiiKünftler grundkritilcheii Zeiten
begann f ozufagen der Weltruhm Thomas. Ein
Engländer Thomas Tee aus Manchester kaufte

o

die in Bernau gemalten Bilder und fügte fpäter
noch weitere Ankäufe in München dazu.
Die Münchner Jahre zeigten kaum eine Befie-
rung in dem fchwankenden Urteil über Thomas
Schaffen. Nur der treue Freund Viktor Müller,
der Schwager Scholderers, fand unbedingt Gefallen
an Thomas Leistungen und träumte gerne
vor feinen Bildern. Sonst aber gehörte Thoma
mit noch einigen anderen des kleinen Maler-
kreifes, der fleh um Ad. Bayersdorfer gebildet
hatte, zum „Verein für unverkäufliche Bilder".
Im Kunftverein begegneten Thomas Bilder vielfachen
Zweifeln. Die öffentlicheKritik bedauerte,
daß fo talentvolle Künstler, wie Hirth du Frenes,

unter feinen Einfluß kamen. Die Kunfthändler
brachten fogar die fchon gekauften Bilder als unverkäuflich
wieder zurück, und die abfällige Tageskritik
verdichtete lieh zu anonymen Schmäh-
gedichten mit dem Schluß: „Streich Killen an
und Schrein! Doch das Malen, das laß fein!"
Seine damaligen eigenen Werke, die fpäter zu
hohen Ehren gekommen find, fanden keinen Anklang
. Dagegen wurde ihm von Bruckmaim der
Auftrag zuteil, zwei größere Werke des verdorbenen
Viktor Müller zu kopieren, was nicht ohne
ergötzliche Zwifcheirfälle ablief. Daß Thoma
dem gegen ihn gerichteten ganzen Lärm gegen
feine Bilder standhielt, verdankte er lediglich
dem Selbstvertrauen zu leiner Begabung und
dem auch in der Armut stolzen Unabhängig-
keitsgefühl, das bewußt um das Recht feines
Ausdrucks kämpfte.

In diefe Zeit der hartgefrorenen Wirklichkeit
kam mit Dr. med. O. Eifer aus Frankfurt ein
warmer Tauwind. Damit trat eine entfeheidende
Wendung in Thomas Leben und Schaffen ein.
Nicht als ob Thoma von der Mitte der siebziger
Jahre ab Anklang, Verständnis und Abnehmer
feiner Werke in Frankfurt gefunden hätte; aber
der kleine Freundeskreis um Eifer gab durch
feine Ankäufe Thoma die nötige Ruhe zum
Schaffen. Der Freundeskreis der Eifer, Küchler,
Haag, Rafor, Müller, Scholderer u. a. war es,
der mit den beiden englifchen Freunden Mino-
prio und von Sobbe Thomas Schaffen mit Inter-
elTe folgte. Die beiden Letzteren haben auch mit
ihrem Thomabefitz in Liverpool eine größere
Kollektivausstellung veranlaßt und damit Anerkennung
gefunden.

Als dann auf T. Stadlers Betreiben 1890 Thoma
in München eine Kollektivausstellung mit 30
und einigen Bildern veranftaltete, brach der Bann.
Mit Jubel hat namentlich O. J. Bierbaum, dem
lieh nachher R. Dehmel und D. v. Liliencron
u. a. Neutöner anfchloflen, die neue Art in Thomas
Schaffen begrüßt.

Diefe Anmutungen befruchteten Thomas Schaffenslust
fo fehr, daß er nun begann, neben feinem
Mal werk ein fast ebenfo wertvolles graphilches
Werk auszugestalten. C. Gurlitt charakterifiertin
femer „Deutfchen Kuiift des 19. Jahrhunderts"
den Wandel fehr glücklich mit den Worten:
„Während die englifche Kritik — in England
hatte er längst feinen Markt — ihn fchon viel
früher anerkannt hatte, fand plötzlich die deut-
fche^Vorte der Zustimmung für ihn. Nicht Thoma
hatte lieh geändert, fondern der Blick war für

34


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_51_1925/0054