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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1969-01/0019
Die Schwierigkeiten: Durch eine zunächst weiträumige Planung und ein auf das
Detail abgestimmte Konzept kann eine harmonische Verbindung bestehender Stadtteile,
historischer Bau- und Straßengruppen und die subtile Einordnung in die Landschaft erreicht
werden. Diese äußeren Voraussetzungen müssen zwangsläufig dazu führen, daß die seelischen
und materiellen Bedürfnisse des Menschen in starkem Maße berücksichtigt werden.
Gropius stellt die unabdingbare Forderung auf, daß Rationalisierung nur bei Befriedigung
der inneren Bedürfnisse des Menschen zulässig ist. Der bedeutende niederländische
Städtebauer Oud deklarierte bereits 1920 den „Humanismus der Stadt" und sprach von der
„Synthese der sozialen und ästhetischen Aspekte".4} Um eine Vereinsamung der Menschen
in den Trabantenstädten auf seelischem und kulturellem Gebiet zu verhindern und damit
der Schaffung moderner Ghettos zu entgehen, müssen die Wege beschritten werden, die
eine gesunde Entwicklung der Trabantenstädte in sich und im Verhältnis zur Altstadt sichern.
Die Gefahr der Ghetto-Bildung ist schon aufgrund der Auswirkungen der Wohnungsbaupolitik
(Förderung bestimmter Einkommensgrenzen und Förderung nach dem Familienstand)
und der Finanzpolitik (Zinssubventionen gestaffelt nach Einkommensgruppen) in erhöhtem
Maße akut, da für diese Stadtgebilde praktisch ein freier Zuzug — abgesehen von einigen
freiverfügbaren Wohnblocks der einzelnen Bauträger — ausgeschlossen ist.

Die Auswege: Die Punkte, die zur Abwendung dieser Gefahren zu berücksichtigen
sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Die Trabantenstädte müssen, gleichgültig ob sie in der Form des aufgelassenen Großwohnhauses
oder in einer gemischten Typenform erstellt werden, durch schnelle
Straßen und Bahnen mit der Altstadt verbunden werden. Jede Trabantenstadt
benötigt ein Kulturzentrum für nachbarschaftliche Begegnungen der
Vereine und der sie tragenden Bürger. Es muß sich um ein echtes Nachbarschaftszentrum
handeln, d. h. der Bürger, der sich keiner Vereinigung angeschlossen
hat, muß dort ebenfalls die Möglichkeit zur kulturellen Betätigung und Entspannung finden.

2. Die Satellitenstädte müssen so bemessen werden, daß auch Handel und Gewerbe ihren
Platz finden. Eine reine Wohnstadt ist abzulehnen. Das Nachbarschaftszentrum muß neben
kulturellen Einrichtungen ein breites Angebot vielfältiger Geschäfte bieten. Zentrale Gesundheitseinrichtungen
sind ebenso wichtig, wie Hotels und Restaurants.

3. Diese Maßnahmen werden nur fruchtbar verwirklicht werden können, wenn sich Bevölkerung
und Behörden geistig darauf einstellen, eine aktive Kulturpolitik im Sinne der geschichtlichen
Kulturhoheit der alten Städte wieder zu übernehmen. Die defizitäre Stellung
des Postens „Kultur" im Haushaltsplan stellt einen immateriellen Gewinn dar! Es muß eine
Kommunikation kultureller Verpflichtungen mit modernen Regionalismus angestrebt werden
. Daß die Stadt Freiburg auf diesem Gebiet einen erheblichen Nachholbedarf aufzuweisen
hat, zeigen jüngste Vorgänge in unseren Nachbarstädten. So z. B. der Ausbau der
Straßburger Museen in Verbindung mit dem Kaufhaus-Wiederaufbau und das spektakuläre
Picasso-Referendum in Basel.

4. Die gehobenen Kulturbedürfnisse aus dem Bereich der Trabantenstädte müssen ausschließlich
in der Altstadt befriedigt werden. So erhält der Stadtkern neben einer zentralen
wirtschaftlichen und verwaltungsmäßigen Funktion auch den entscheidenden Anteil an der
kulturellen Ausstrahlung der Stadt. Was die Agora für die griechischen Bürger und die
Marktstraße für das mittelalterliche Abendland war, muß die Altstadt für die neue Region
Freiburg sein. Sie muß das Herz dieses Raumes werden! Die hierzu gehörende Aktivierung
der Altstadt muß ihren Rahmen in der Verwendung historischer Bauten für die kulturellen
Bedürfnisse der wachsenden Stadtteile finden.

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