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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1969-01/0027
Stadt und Gesellschaft

Prof. Dr. Ing. N. van Taack

Wer bis hierher gelesen hat wird zweierlei erkannt haben.

1. Die einzelnen Teile wurden von verschiedenen Verfassern geschrieben gemäß ihrer
beruflichen Kompetenz oder Sachkenntnis. Die Artikel stammen aus den letzten drei Jahren.

2. So unterschiedlich sie auch sein mögen, so sehen sie doch als gemeinsames Ziel ein
organisch aus seiner Umgebung gewachsenes, gesundes und lebendiges Stadtgebilde, das
ebenso verbunden ist mit seiner gewordenen Vergangenheit, wie es sich seiner werdenden
Zukunft verpflichtet fühlt.

Es bedarf also keiner besonderen Zusammenfassung.

Dennoch ist es notwendig einem Gedankengang Ausdruck zu geben, der aus tieferen und
umfassenderen Gründen die Gestaltung unserer Stadt und ihrer Umgebung beeinflussen
sollte.

Dieser Gedankengang ist der heute gängigen Auffassung von Fortschritt, Technik und
Wirtschaftlichkeit so entgegengesetzt, daß er gewiß denjenigen, die im Banne dieser Schlagworte
leben, unverständlich erscheinen muß. Sie werden ohne viel Besinnen ein weiteres
Schlagwort ihm entgegenhalten: „Man kann den Gang der Entwicklung nicht aufhalten!"
Oder „Dagegen können wir nichts machen!'4

Trotzdem muß ich auf die Gefahr hin nicht verstanden zu werden diesen Gedankengang
vor Sie alle hinstellen in der Hoffnung, Sie zu besinnlichem Nachdenken anzuregen.

Können wir angesichts der Greuel des XX. Jahrhunderts, der Oktoberrevolution, der Judenvergasung
, des Vietnamkrieges von Fortschritt sprechen? Haben wir es gelernt von Erfindungen
nur segensreichen, produktiven Gebrauch zu machen? Verhindert nicht der falsche
Begriff der Wirtschaftlichkeit das zu tun, was dringend notwendig aber nicht „rentabel" ist?
Müssen wir nicht leider erkennen, daß unsere menschlichen, seelischen, geistigen, charakterlichen
Eigenschaften nicht mehr in der Lage sind, den sogenannten Fortschritt als
Menschen zu meistern? Daß er, weil diese menschlichen Eigenschaften nicht genügend
entwickelt sind, droht in die falschen, zügellosen Hände zu geraten und unser Menschengeschlecht
, wenigstens die heutige sogenannte Kulturmenschheit, zu vernichten?

Sollten wir dem wirklich resigniert und tatenlos zusehen? Müssen wir nicht in die verhängnisvolle
Entwicklung eingreifen?

Im Großen mag das dadurch geschehen, daß wir die Erziehung der Jugend umstellen — von
der Technik zur Ethik! Die Anstrengungen der Entwicklungshilfe angesichts der drohenden
Bevölkerungsexplosion im Sinn internationaler gemeinsamer Urbarmachung und Energiebefreiung
vervielfachen anstelle fragwürdiger, egozentrischer industrieller Investitionspolitik
. Wir müssen aber verhindern, daß der Mensch durch die hemmungslose Industrialisierung
von der Quelle seiner Kraft und schöpferischen Potenz von der Natur getrennt
wird. Denn die Natur des Menschen entstammt der Natur — von ihr losgelöst bricht sie
kraftlos zusammen trotz aller Technik!

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