Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1974): Aufsätze - Vorschläge - Berichte
1974
Seite: 7
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1974-03/0007
häusern, Terrassen, Wintergarten und Vor- und Rückgärten. Aber es sollte doch sehr
genau bedacht werden, bevor man in die Substanz dieser Gebiete zerstörend eingreift, ob
der Umbau und das Abreißen nicht dem ganzen Bezirk Schaden zufügt.

Daß der an sich sehr gute, moderne Beton-Glasbau des Geschäftshauses Kaiserstraße 26C
jetzt anstelle des 1971 abgerissenen neogotischen Gebäudes errichtet wurde, ist sehr zu
bedauern. Es kommt ein völlig fremdes Element in den bisher stilreinen Zusammenklang der
Bauten am Martinstor und die Kaiserstraße wird dadurch nicht moderner. Oder ist das
Gebäude der Anfang einer geplanten totalen Zerstörung der Gebäude um das Martinstor?
Man sollte solche guten Geschäftshäuser doch lieber anstelle der unrentablen spießigen
Häuser des Friedrichrings errichten, deren Abbruch weder stadtgeschichtlich noch denk-
malpflegerisch bedauerlich ist, statt das Martinstor mit Beton zu umrahmen.

Erfreulicherweise sind an der Wallstraße und ihren Nebenstraßen und auch in der Erbprinzenstraße
viele der Häuser des 19. Jhs. wieder sorgsam erneuert worden und als stadtnahe
, sehr wohnliche Bauten und Büroräume begehrt. Hoffentlich gelingt es noch, die
übrigen zu erhalten, wie sie gebaut wurden, ohne die Grundstücke kommerziell auszuwerten,
indem man die Häuser abreißt und durch große Mietshäuser ersetzt. Der Wunsch der Grundbesitzer
, möglichst viel aus ihrem Boden herauszuholen ist verständlich, aber oft ist das,
was verändert wird, keineswegs einträglicher. Daß eine „Modernisierung" solcher Häuser oft
beklagenswert und keineswegs „modern" ist, dafür bietet das Haus Schillerstraße 46 ein
markantes Beispiel. Das noble, spätklassizistische Haus mit der Schillerfigur in der Nische
war nicht nur ein typisches, schönes Bauwerk einer Erbauungszeit, sondern bildete mit den
angrenzenden ähnlichen Bauten eine ansehnliche Straßenfront am Dreisamufer, wie die
gegenüberliegende, gottlob noch besser erhaltene Dreisamstraße. Nun nimmt eine öde, zwar
durable, aber langweilige, charakterlose Fassade aus Mosaiksteinen mit Ganzglasfenstern
nicht nur dem Bau, sondern auch der Umgebung jede künstlerische Anziehungskraft. Es
sollte nun wirklich bedacht werden, einige der genannten Freiburger Stadtgebiete unter den
sogenannten „Ensembledenkmalschutz" zu stellen, durch den ohne zwingende Gründe
keine Veränderungen an der Bautensubstanz gemacht werden dürfen. Weiterhin ist es nötig,
eine Liste von Bauten des 19. Jhs. und frühen 20. Jhs. aufzustellen, die unbedingt geschützt
werden müssen. Fraglich bleibt freilich, was denn die Denkmalschutzgesetze und die Eintragung
von Bauten in die Denkmalliste nützen, wenn man sich nicht daran hält. Leider
sind nicht nur viel zu viele Einzelhäuser, die unter Denkmalschutz standen, schon grausam
verändert und abgerissen worden, die Eingriffe der Verkehrsplanungen und die
kubistischen, aber keineswegs architektonisch guten Neubauten der Kaufhäuser, Hotels
und Zweckbauten in der Altstadt haben wenig vom ursprünglichen Stadtbild übriggelassen.
Sollen wir nun auch noch das Besondere und Eigenartige des 19. Jhs., dort wo es zusammenhängend
erhalten ist, opfern? In den USA, in Moskau, in Rom und Paris pflegt man und
hütet seine Bauten bis zum Jugendstil und der Architektur der 20er Jahre. Kann man das
nicht auch in Freiburg tun?

* * *

Bis vor kurzem noch pflegte man Bauten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als
verlogenen Abklatsch historischer Vorbilder zu betrachten. Inzwischen ist man jedoch, nicht
zuletzt unter dem Eindruck der zunehmenden Verödung und Entseelung der Städte, ein wenig
gerechter in der Beurteilung von Bauten aus jener Zeit geworden. Jede Epoche hat oedeu-
tende architektonische Leistungen hervorgebracht, auch das vielgeschmähte 19. Jahrhundert.
Leider brauchte es die Zerstörung etlicher bedeutender Bauwerke und ihren Ersatz durch
zum Teil nichtssagende Renditebauten, um in der Bevölkerung das Verständnis für die undankbaren
Aufgaben von Denkmalschutz und Heimatschutz zu wecken.

Rolf Brönnimann

in „Die Museen in Basel", April 1973

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