Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1974): Aufsätze - Vorschläge - Berichte
1974
Seite: 8
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1974-03/0008
Prof. Dr. Ing. N. van Taack

Leitgedanken für die Erhaltung von Bauwerken
des 19. Jahrhunderts

i.

Sie haben mich gebeten, gewisse Richtlinien aufzuzeigen, anhand derer man Entscheidungen
treffen kann, ob Bauwerke des 19. und 20. Jahrhunderts so erhaltungswürdig sind, daß man
sie unter Denkmalschutz stellen sollte.

II.

Die an mich gerichtete Frage ist erheblich vielschichtiger, als es zunächst den Anschein hat,
und daher auch nicht so mit leichter Hand zu beantworten.

Zunächst muß man zwei Gesichtspunkte herausstellen. Einmal den Wert des fraglichen
Gebäudes und zum anderen die Interessen, die dieses Gebäude gefährden, beziehungsweise
deren ernsthaft zu berücksichtigendes Gewicht. Beides wird von Fall zu Fall verschieden
sein. Ich möchte mich auf den ersten Gesichtspunkt, den Wert des Bauwerks beschränken
, da ich mir nicht anmaßen kann, über die noch im Ungewissen liegenden Umstände
ein Vorurteil zu fällen.

III.

Aber auch über den Wert eines Bauwerks kann man nur nach eingehendem Augenschein
urteilen, und dieses Urteil kann sehr unterschiedliche Grundlagen haben.

Die zwei wesentlichen Standpunkte der Bewertung sind die als geschichtliches Zeugnis und
als künstlerisches Erzeugnis. Der letzte — entscheidende — Augenschein sollte also immer
von einer dreiköpfigen Kommission gefällt werden, die aus einem Geschichtswissenschaftler
(Kulturgeschichte), einem Baukünstler, der der Stilrichtung des fraglichen Gebäudes verständnisvoll
gegenübersteht und einem berufsmäßigen Denkmalpfleger, der sich dann im
Kampf um das Bauwerk auf seine beiden unterschiedlichen Experten berufen kann, besteht.

IV.

Dies mußte vorausgeschickt werden, weil sonst das Folgende als apodiktisches Vorurteil
angesehen werden könnte. Es soll aber nur eine Handhabe geben für die Vorauswahl
solcher Bauten, die es verdienen, in die engere Wahl genommen zu werden, wobei grundsätzlich
von wirtschaftlichen oder stadtplanerischen Gesichtspunkten abgesehen wird.

Über die geschichtlichen Aspekte möchte ich mich nur insofern generell äußern, als ich
glaube, daß es wünschenswert wäre, von jeder der im folgenden aufgeführten geschichtlichen
Epochen zum mindesten ein Monument zu erhalten, falls nicht künstlerische Gründe
dafür sprechen, mehrere zu bewahren.

Ein solch künstlerischer Grund könnte auch die Erhaltung eines sogenannten „Ensembles"
rechtfertigen, vorausgesetzt daß dieses „Ensemble", also die Gebäudegruppe, auch als
solche und in dieser Form geplant worden ist (Wiener Ringbauten). Wo dies nicht der Fall
ist, handelt es sich um eine mehr oder weniger zufällig aus gleichen Bedingungen herausgewachsene
Erscheinung. Sofern diese über ihre Entstehungszeit eine sinnfällig gültige Aussagekraft
besitzt, ist sie zu erhalten (z. B. Skyline von New York, San Gimignano, Piazza
d'erbe in Verona und in Freiburg: Münsterplatz, Rathausplatz, Konviktstraüe, Martinstor
- und Schwabentorgruppe).

Im Lauf des 19. und 20. Jahrhunderts sind folgende geschichtliche Abschnitte für die Freiburger
Baukunst wichtig geworden:

1. 1800-1820 Empire und Klassizismus (Notariat-, AEG-Bau).

2. 1820—1848 Frühe Romantik (Biedermeierbauten).

3. 1848-1870 Späte Romantik (Ekklektizismus mittelalterlicher Formen,

Colombisch lößchen).

4. 1870-1895 Gründerzeit (Ekklektizismus, Neorenaissance, Straßenbezogene Fassadenarchitektur
, Wilhelminisch) Goetheschule.

Die drei ersten Epochen sind nach der Franz. Revolution und den Napoleonischen
Kriegen sehnsuchtsvoll rückwärtsgewandt. Die 4. schon z. T. auf ihre
Gegenwart gerichtet.

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