Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1974): Aufsätze - Vorschläge - Berichte
1974
Seite: 14
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1974-03/0014
Walter Vetter

Nicht nur der Abbruch der Rotteckschule erregt Anstoß

Mit dem Abbruch der Rotteckschule zwischen dem 10. und 22. November 1972 wurde ein
Schlußstrich unter die über dreijährigen, intensiven Bemühungen zur Erhaltung dieses wertvollsten
Bauwerkes des Strengen Historismus in Freiburg gezogen. Heinrich Lang, Karlsruher
TH-Professor, war der Schöpfer des Bauwerkes 1872—74. Die Diskussion über diesen unverständlichen
Schritt wird dessen ungeachtet noch jahrelang weitergehen. Spätestens nach
Erstellung des Neubaues für die Universitätsbibliothek wird auch den Abseits Stehenden klar
werden, welche kunstgeschichtliche und städtebauliche Fehlleistung hier vollbracht wurde.

Die Chronik der Vernichtung der alten Rotteckschule kann nicht geschlossen werden, ohne
die konsequente Intoleranz des Universitätsbauamtes gegenüber dem „Kunstwerk Rotteckschule
" auch in der letzten Phase zu dokumentieren. Hatte man der „Arge Stadtbild" am
27. November 1970 noch angeboten, in einem im Neubau zu schaffenden „Humanen Bereich",
auch die Figurengruppe von der Dachtraufe wieder sichtbar aufzustellen, so war im Zuge der
Abbrucharbeiten nicht zu erkennen, daß dieses Vorhaben realisiert werden würde. Die
„Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild" nahm daher am 11. November 1972 — nicht als
Fasnetscherz gedacht — den Schriftwechsel mit dem Universitätsbauamt auf, um die Bergung
der Figurengruppe sicherzustellen. Handelte es sich doch um Allegorien von „Kunst und
Wissenschaft"; welch symbolhafter Bezug. Geschaffen wurde sie von einem der berühmtesten
Bildhauer Freiburgs, von Alois Knittel. Bei ihrer Enthüllung fanden sie seinerzeit großen
Beifall in der Bevölkerung, wie die Chronik der Rotteckschule zu berichten weiß.

Das Universitätsbauamt glaubte jedoch am 14. November 1972 erklären zu müssen: „Es
mußte leider festgestellt werden, daß der sehr schlechte weiche, graue Sandstein, aus dem
die Gruppe besteht, von der aggressiven Außenluft so stark angegriffen und abgewittert ist,
daß von der ursprünglichen Form nicht mehr viel übrig geblieben ist. Die Figurengruppe
kann deshalb nicht, wie beabsichtigt, geborgen und wiederverwendet werden."

Die sofortige Intervention gegen diese Einstellung und der Hinweis auf den andersartigen
Befund aufgrund vorliegender Teleaufnahmen führten zu einem erneuten Ablehnungsbescheid
. In dem vom 23. November 1972 datierten Brief steht folgender, beachtenswerter
Satz: „Die fachgerechte und wirtschaftliche Ausführung von Baumaßnahmen des Landes
liegt allein im Verantwortungsbereich des damit beauftragten Bauamtes." Es ist erfreulich festzustellen
, daß das Universitätsbauamt seine Verantwortung nicht abwälzt. Bestürzend ist jedoch
die Erkenntnis, daß nur fachgerechte und wirtschaftliche Argumente dieses Bauamt geleitet
haben, und nicht der künstlerische Wert der Figurengruppe. Diese war damit von vornherein
dem Untergang geweiht. Erlaubt sei ein Hinweis auf unsere jüngste Geschichte: In ihr gab
es schon einmal eine Periode, in der nur das als Kunst galt, was als solche behördlich
klassifiziert wurde!

Wie wenig man bereit war, objektive Sachverhalte zu würdigen, beweist folgender Passus
des zitierten Briefes: „Da Sie selbst in Ihrem Einspruch gegen den .Bebauungsplan Milchstraße
' am 8. Juli 1971 das bisher Ausgehandelte für hinfällig erklärt haben." Die Verfasser
dieser eigentümlichen Begründung haben offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen, daß
das Rektorat der Universität am 28. Januar 1971 — also ein halbes Jahr früher — den

seinerzeitigen „Kompromiß" aufgekündigt hatte. In dem Brief heißt es u. a.: ......Gestaltung

des Baues kann auch nicht Gegenstand einer Vereinbarung zwischen der Universität und
Ihrem Verein sein." Dieser Sachverhalt kann dem Universitätsbauamt nicht verborgen geblieben
sein. Hing doch der Schriftwechsel monatelang am Schwarzen Brett der Universitätsbibliothek
! Sollten studentische Aktivitäten in eine bestimmte Richtung gelenkt werden? Die
akademische Jugend ließ sich so leicht jedoch nicht manipulieren.

Der Direktor des „Zentralinstitut für Kunstgeschichte" in München, der in Freiburg unvergessene
Professor Dr. W. Sauerländer, sieht die Sache wie folgt:

„In der Besprechung mit dem Rektor der Universität, den Spitzen der Universitätsverwaltung,
dem Universitätsbaurat und der Stadt hat die „Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild"
dem Abbruch des Rotteckgymnasiums resignierend zugestimmt, erst nachdem von der
Gegenseite zugesichert worden war, daß das vorgestellte neue Projekt so verändert wird,
daß wenigstens der urbanistische Zusammenhang gewahrt bleibt. Dazu gehörte, daß in Aussicht
gestellt wurde:

1. Das Gebäude wird nicht in der vorgesehenen Höhe errichtet, sondern um ein oder zwei
Stockwerke niederer.

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