Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1974): Aufsätze - Vorschläge - Berichte
1974
Seite: 17
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1974-03/0017
Restaurator Hans Kramer:

Das Detail formt das Ganze —

Zum Problem »Sanierung und Denkmalpflege

Stadtbilder haben sich immer verändert, manchmal zum Vorteil, manchmal zum Nachteil. Die
Erweiterungen und das Niederlegen von Mauergürteln, das Aufführen neuer Kirchen- und
Profanbauten, das Anlegen von Plätzen und Befestigungsanlagen, selbst ganze Straßen-
durchbrüche riefen im Laufe der Jahrhunderte eine stetige Veränderung der baulichen Substanz
einer Stadt hervor. Da sich diese Erneuerung in einem sozusagen festgefügten Rahmen,
und zwar dem der handwerklichen Tradition bewegte, war zwischen den einzelnen Bauepochen
, bis auf wenige Ausnahmen, eine gewisse Harmonie entstanden, die selbst durch
die oft sehr einschneidende Differenzierung der Stile untereinander kaum gestört wurde.
Diese Entwicklung zieht sich kontinuierlich von den ersten Anfängen der städtischen Bautätigkeit
bis in die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts hinein, wo sie durch die Technisierung
und den daraus entstehenden Zerfall jeglicher handwerklichen Tradition jäh unterbrochen
wird. Um die Mitte unseres Jahrhunderts ist noch eine Art von Bemühung um die
Angleichung neu entstehender Bauten an die vorhandene Bausubstanz spürbar, meistens
noch aus rein handwerklichen und materialgebundenen, aber auch aus bewußt geschmacklichen
Gründen. Dann verläßt man sehr bald aus Mangel an architektonischem Gefühl und
kulturgeschichtlichem Bewußtsein diesen Weg. Man bricht, um nicht altmodisch oder konservativ
zu gelten, in vielen Fällen absichtlich mit der Tradition und setzt, im Gegensatz zu
den überkommenen Bauformen, seelenlose Betonklötze hart neben die bereits bestehenden
alten Gebäude, selbst neben die von kunstgeschichtlicher und historischer Bedeutung. Diese
Entwicklung wurde durch die Bombardements des letzten Krieges unterstützt, welche den
Bestand an alten Bauten teilweise oder völlig dezimierten, viel mehr, als es je die großen
Brände und sonstigen Zerstörungen in den vergangenen Jahrhunderten bewirken konnten.
Dadurch wurde einer neuen Generation reichliche Gelegenheit gegeben, die Lücken zu
schließen oder ganze Stadtkerne neu zu errichten. Gleichzeitig führte der wirtschaftliche
Wohlstand dazu, daß viele alte Gebäude aus spekulativen Gründen „saniert", das heißt
umgebaut oder abgerissen und wiederaufgebaut wurden. So kam es bedauerlicherweise
zur Füllung vorhandener und entstandener Lücken durch Neubauten, die durch ihre Materialverwendung
einerseits und durch ihre Formgebung andererseits in völliger Beziehungs-
losigkeit zu dem noch vorhandenen Bestand alter Gebäude stehen, in einigen Fällen sogar
ganz bewußt. Aus vielen mit oder von Fachleuten des Städtebaus geführten Diskussionen
und Vorträgen geht eindeutig hervor, daß dieser Abwendung von der Tradition, aus welchen
Gründen sie auch immer sei, kein Einhalt mehr zu gebieten ist. Unsere industrialisierte
Gesellschaft und ihre Vertreter bekennen sich mehr und mehr zur Geschichts- und Tra-
ditionslosigkeit und sind auf dem vor uns liegenden Gebiet nicht mehr ansprechbar.

Um so mehr sollte es das Anliegen jenes Teiles der Bevölkerung sein, der für die Erhaltung
der gewachsenen Stadtbilder eintritt, den noch vorhandenen Bestand an alter, vor allem
historischer Bausubstanz zu schützen, zu restaurieren oder in alter Form wieder aufzubauen,
und zwar in ihrem historischen Erscheinungsbild.

Hier geht es fast ausschließlich nur noch um die Erhaltung der öffentlichen Gebäude einer
Stadt, da diejenigen in privater Hand, bis auf wenige Exemplare, in absehbarer Zeit
durch die Verständnislosigkeit ihrer Besitzer oder die Willkür und Laune irgendwelcher
Architekten und Handwerker verunstaltet oder ganz verschwunden sein werden. Noch sind
dagegen die öffentlichen historischen Kirchen- und Profanbauten durch das Gesetz geschützt
, wenn auch mehr aus einem gewissen staatlichen Prestigedenken heraus als aus
echter Tradition oder geschichtlichem Bewußtsein. Aber mehr und mehr wird dieses Gesetz
mitsamt den zuständigen Stellen umgangen und mißachtet. Mitunter gehen letztere auch in
ihrer Koimpromißbereitschaft zu weit und handeln nicht mehr im Sinne desjenigen Teiles
der Bevölkerung, der für die Erhaltung dieser historischen Gebäude und der alten Stadtbilder
eintritt.

Um so erfreulicher ist jede Initiative von amtlicher und privater Seite auf diesem Gebiet. Man
sollte aber bei allen diesen Bemühungen nicht vergessen, daß bei der Erhaltung oder beim
Wiederaufbau solcher Gebäude nicht nur der rein architektonische Teil, sondern auch das
technisch-handwerkliche und künstlerische Detail berücksichtigt werden muß. Es ist zum
Beispiel äußerst wichtig, Portale und Türen solcher Bauten zu erhalten, zu restaurieren oder

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