Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1974): Aufsätze - Vorschläge - Berichte
1974
Seite: 18
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1974-03/0018
im Stile ihrer ehemaligen Beschaffenheit zu kopieren. Sie sind vom Baumeister eingeplant
und stehen fast immer in einer bewußten Proportion zu den Maßen der Hausfassade. Ebenso
wichtig ist die Aufteilung der Fensterflügel mit Sprossen. Sie gehören zum typischen
Erscheinungsbild eines alten Hauses und waren notwendig, da man früher die Glasscheiben
nur bis zu einer gewissen Größe herstellen konnte. Zum festen Bestand einer solchen Fassade
gehören die Klappläden aus Holz. Sie schützen ehedem die Fenster gegen Sonne, Kälte und
Wind, verhinderten den nächtlichen Einblick der Passanten, in die Räume und dienten zur
allgemeinen Sicherheit. Auch wurden sie in fast allen Fällen vom Baumeister in die Fassade
Proportionen eingeplant und sind typisch für die historischen Bauten des von Frankreich
und Italien beeinflußten süddeutschen Raumes. Sie im Zuge einer Restaurierung abzunehmen,
oder bei einem Wiederaufbau wegzulassen, verrät wenig Gefühl für die bauliche Tradition
unseres Landes. Jede Veränderung der Dachfenster und Gaupen sollte vermieden oder
mit äußerstem Feingefühl durchgeführt werden. Ebenso die Veränderung oder das Neuaufführen
von Kaminen.

Ein besonders wichtiges Element sind die Natursteingewände an Fenstern, Toren
und Türen. Ehemals technisch notwendig, empfindet man sie heute als äußerst
dekorativ. Es gibt kein Gebiet auf diesem Sektor, in welchem mehr gesündigt wird,
als auf diesem. Die alten Baumeister haben, ganz besonders hier in unserem oberrheinischen
Land, grundsätzlich das Steingewände neben die kalkverputzte Wand aus Bruchsteinmauerwerk
gesetzt. Das Nebeneinander von rotem Sandstein und weißem Putz ist charakteristisch
für unsere Gegend und bestimmt den besonderen Reiz der alten historischen Gebäude. Daher
ist jegliches Uberputzen oder Übermalen dieser Gewände stilistisch falsch. Vor allem erstickt
ein solcher sehr bald, wenn es sich nicht um reinen Kalkanstrich dreht. Daß man im Mittelalter
die Steingewände bis zur Eckkante überputzt hat, ist eine irrige Ansicht und entbehrt
jeglichen Beweises. Leider setzt man heute immer noch die Übermalung der Steingewände
alter Gebäude fort, welche im späten Klassizismus zur Mode wurde und die süßlich-kitschige
Pastellbemalung zur Folge hatte, besonders hier in unserer Stadt, wo noch im 18 Jahrhundert
die typische Farbgebung für die Fassaden die des roten Sandsteines und des weißen Kalkputzes
war. Zu diesem Kapitel der Natursteine gehören auch die Treppenstufen, Haussockel
und -gesimse, sowie die Umfriedungen mit Mauern. Bemalte Fassaden in Frescotechnik
waren hier nicht üblich. Es ist aber selbstverständlich, daß man sie da, wo sie vereinzelt auftreten
, sorgsam vor Übermalung freilegt oder restauriert. Dies gilt ebenso für Fachwerkbauten
. Ein besonderer Augenmerk sollte auch dem Schmiedeeisen gelten. Seine Erhaltung,
nicht nur als Tore oder Wirtshaus- und Handwerkerschilder, sondern auch als Tür- und
Fensterbeschläge ist erfreulich und rundet das Bild einer alten Fassade wohltuend ab. Es
sollte da, wo es nicht mehr vorhanden ist, stilgerecht kopiert werden und nicht, wie es leider
oft geschieht, durch billige Warenhaus-Stilbeschläge ersetzt werden. Die Innenräume sollten
. Ein besonderes Augenmerk sollte auch dem Schmiedeeisen gelten. Seine Erhaltung,
satz zum Äußeren stehen, wie es leider oft praktiziert wird. Eine gewisse Rücksicht auf den
Stil und den ehemaligen Zweck des jeweiligen Baues müßte unbdingt geübt werden. Zu modernen
Räumlichkeiten hinter einer alten Fassade wirken fade und billig. Alle diese Richtlinien
sollten selbstverständlich auch für jene historischen Gebäude gelten, welche nicht
stilrein, sondern innerhalb verschiedener Epochen entstanden sind. Sie sind für die Erscheinungsform
eines alten Stadtbildes oft sehr reizvoll. Dagegen sind Verunstaltungen alter
Bauten durch das späte 19. und 20. Jahrhundert weniger erfreulich. Letztere Gebäude wären
es in vielen Fällen wert, daß man ihnen die alte Form wieder gibt, durch die Wegnahme der
häßlichen Zutaten.

Alle diese Gesichtspunkte sind wichtig, um das alte Stadtbild in seiner überkommenen
Form zu erhalten. Daher sollte die Entscheidung über die Art und das Detail eines Wiederaufbaues
oder einer Restaurierung historischer Gebäude nicht nur den einseitigen Bestimmungen
staatlicher oder städtischer Behörden überlassen sein, sondern es sollte dringend
ein größerer Kreis von Fachleuten wie Architekten, Kunsthistorikern, Konservatoren, Restauratoren
, Hand- und Kunsthandwerkern zu jedem einzelnen Fall befragt und gehört werden.

MODERNE BAUFORMELN:

„Kredit und Profit, das neue Bausystem"

Jürgen Becker am 10. 12. 1972

„Länge x Breite x Geld"

(Der Spiegel, 7. 6. 1971)

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