Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1974): Aufsätze - Vorschläge - Berichte
1974
Seite: 56
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1974-03/0056
„Jugendstils" in den Fünfzigerjahren. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß man das
bedeutendste Zeugnis des „Strengen Historismus" in Freiburg, die Rotteckschule, kürzlich
in frevelhafter Weise einriß.

Schon 1969/70 hätten wir die Platten gerne an diesem Ort aufgestellt gesehen. Pläne zur
Anbringung am Stadtgarten-Denkmal und Finanzsorgen führten zur Verzögerung bis zum
November 1972. Diesen stillen Ort hinter der Michaelskapelle hielten wir deshalb für besonders
geeignet, weil hier die Möglichkeit geboten wurde, verschiedene Gedenkstättten zusammenzuführen
. Der hier seit fast hundert Jahren stehende, klassisch-schöne Obelisk trägt
an seinem Sockel die Namensplatten der Soldaten, die seinerzeit in Freiburger Lazaretten
verstarben. Die Tafeln entsprechen denen der ehemal. Karlskaserne. Gleich daneben ein
Kruzifix und ein Denkstein zur Erinnerung an drei französische Soldaten jenes Krieges,
die in Freiburger Hospitälern nicht gesund gepflegt werden konnten. Gab es einen sinnvolleren
Ort für dieses Mahnmal, auch im Sinne der uns so am Herzen liegenden, dauernden
deutsch-französischen Verständigung? Wer das nicht begreift, dem kann man nur ein
abgewandeltes Dichterwort entgegenrufen: „Wenn ihr es nicht erfühlt, ihr werdets nie
erjagen!"

Daß diese Geste offensichtlich von unseren frz. Freunden besser verstanden wurde, als
von manchen Landsleuten, beweist die Anwesenheit einer Delegation der in Freiburg stationierten
3. frz. Division, an ihrer Spitze der mit Freiburg besonders verbundene Major Helliot.
Mr. le Commandant, Ihnen mein herzlicher Dank. Aufrichtigen Dank auch an die Vertreter
der Freiburger Bundeswehrbehörden, des AG 51 „Immelmann", der Abordnungen der
Freiburger Soldaten- und Traditionsverbänden und unseren Mitgliedern. Besonderer Dank
gilt Ihnen, Herr Oberbürgermeister für Ihre Anwesenheit und die Tatsache, daß Ihr Hochbau-
und Gartenamt unsere Idee in so schlichter und doch gelungener Weise in die Praxis umsetzte
. So haben die städt. Behörden, das Amt für Denkmalpflege und die „Arge Stadtbild"
auch von der Kostenseite her gemeinsam ein Werk geschaffen, das nicht dem Mißverständnis
, sondern der Verständigung und der mahnenden Erinnerung dienen soll. Die jetzt gefundene
Lösung hat als praktische Nebenwirkung auch noch den Vorzug, die Diskussion um
die Wiederaufstellung des Lanzengitters an der ehem. Karlskaserne zu entlasten. Zum
Schluß meiner Worte noch besondere Grüße an die Sanitätskapelle für ihre Beteiligung
am heutigen Vormittag.

DANKSAGUNG
Generalmajor a. D. Max Sachsenheimer:

„Meine Ausführungen nach dem Dank an die ,Arge Freiburger Stadtbild' und den OB, als
Schirmherr der neuen Anlage":

In den Bronzetafeln sind gefallene Soldaten geehrt die 1870/71 gegen Franzosen gekämpft
haben.

Wenn diese Tafeln heute wiederum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, an einem
Platz an dem sie umgeben sind von französischen Soldaten, die seinerzeit in Freiburger
Lazaretten verstarben, und wenn dies im Beisein der französischen Kameraden der 3. Division
, die in Freiburg stationiert ist, geschieht, dann ist dies für uns alle ein sichtbares
Zeichen und Symbol der Versöhnung. Diese Tafeln mahnen uns aber auch daran, daß es
nach 1870 noch zweier Waffengänge gebraucht hat, bis die Zeit reif wurde für eine solch
tiefgehende Versöhnung.

Wer von Ihnen am Totensonntag die zentrale Gedenkfeier zum Totengedenken 1972 in
Westberlin im Funk oder Fernsehen miterlebt hat, der war sicherlich gerührt davon, daß ein
französischer Kriegsteilnehmer, der Bürgermeister der Gemeinde BRAYE sur Somme, in
deren Umgebung im Ersten Weltkrieg über 800 000 Soldaten beider Nationen gefallen sind,
sagte, daß die Versöhnung über den Gräbern sich jetzt zur Freundschaft und Brüderlichkeit
zwischen unseren Völkern gewandelt habe.

Uns ist es aufgegeben, an dieser Versöhnung weiterzuarbeiten! Bei diesem Werk müssen
wir uns aber an Werte halten können. Geschichtsbewußtsein und Traditionsbewußtsein
dürften solche sein.

Lassen Sie mich dafür zwei Beispiele, eines aus dem Westen und eines aus dem Osten
anführen, weil ja gerade bei uns, nach zwei verlorenen Kriegen, der eigene Prophet im
Lande wenig gilt.

Dabei darf ich ein zeitgenössisches Zeugnis anrufen, das nicht der Parteilichkeit verdächtigt
ist. Jenes der jungen französischen Jüdin von außergewöhnlicher intellektueller
Rechtschaffenheit - SIMONE WEIL, Professorin der Philosophie - die mit 34 Jahren starb,
nachdem sie alle Erfahrungen gemacht hatte, von der Arbeit in der Fabrik, bis zum Bürgerkrieg
in Spanien.

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