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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_2003-11/0112
Paul Bert

Stadtgestaltung und Baurecht

Zwiebeltürme und weiß-blaue Maibäume zwischen
bemalten Fassaden unter ausladenden Dächern
- da weiß man, dass man in Bayern ist. Gesinnung
und Tradition wird nicht nur in Lodenmänteln
zur Schau getragen, sondern ist im allgemeinen
Bewusstsein tief verwurzelt. Und was
trägt man in Freiburg? Muss man hier das Bewusstsein
erst wecken oder das vorhandene mühsam
schützen und rechtlich absichern? Wenn
man das Münster in der unverwechselbaren Altstadt
sieht, dann weiß man, dass man in Freiburg
ist. Aber wenn man durch Neubausiedlungen
oder Gewerbegebiete geht oder zwischen Banken
und Versicherungen steht, dann ist man verunsichert
, in welcher Stadt man sich befindet.
Selbst die Stadtsilhouetten mit ihren Hochhäusern
werden verwechselbar. Frankfurt ausgenommen
. Eine gewünschte oder abgelehnte Globalisierung
der Architektur?

Sich mit seiner Umgebung identifizieren zu können
, ist für denjenigen wichtig, der eine Heimat
für sein Wohlbefinden sucht. Rieselfeld oder Vau-
ban oder Wiehre? Eine faszinierende Aufgabe für
Architekten und Stadtplaner. Soll man sich als
Städtebauer mehr fürs Bewahren einsetzen oder
fürs Verändern? Oder beides in Einklang bringen
in einer sich sowieso in allen Lebensbereichen
ständig verändernden Welt?
Unmittelbar nach dem Krieg mit seinen furchtbaren
Zerstörungen war dieser Einklang von Bewahren
, Wiederherstellen und Weiterentwickeln
das gemeinsame Ziel von Bürgern, Stadtplanern
und Politikern. Wie wurde dieses Ziel erreicht
und wie kann diese urbane Lebensqualität durch
Stadtgestaltung weiterhin erreicht werden?
Der Wiederaufbauplan von 1947, der allgemein akzeptiert
war, bildete mit seinen präzisen Gestaltungsvorstellungen
den rechtlichen Rahmen für

das Baugeschehen. Die einzelnen Vorschriften waren
in der Stadtbauordnung (StBO nach dem Badischen
Wiederaufbaugesetz) festgeschrieben. In
der unmittelbaren Nachkriegszeit war das Wiedererstehen
der Altstadt in ihrem historischen Charakter
eine wichtige Aufgabe. Solidität bei Finanzierung
und Bauausführung hatten Vorrang vor einer
maximalen wirtschaftlichen Ausnutzung. Bauten
waren noch keine Wegwerfwaren, zu der sie später
durch Investoren und Bauentwickler wurden.
Für den Städtebauer im Stadtplanungsamt rangierte
die optimale Gestaltqualität stets vor der maximalen
Vermarktungsqualität.
Die oben erwähnte Stadtbauordnung mit ihren
genauen Vorschriften über Art und Maß der baulichen
Nutzung war das hervorragende rechtliche
Instrument, um das Bauen in der Stadt zu lenken
. Das Stadtbauamt als Planungsbehörde und
das Bauordnungsamt als Genehmigungsbehörde
arbeiteten hier Hand in Hand und alle Baugesuche
wurden in wöchentlichen gemeinsamen Besprechungen
planerisch und rechtlich abgestimmt
. Bis zu ihrem Außerkrafttreten 1977 (als
so genannte Polizeiverordnung automatisch nach
20 Jahren) war die StBO hervorragend als rechtlicher
Rahmen für das Bauen in der Stadt geeignet
. Da dieser Rahmen sehr eng gefasst war, besonders
bei der Gebäudegröße und Bautiefe, waren
bei fast allen Baugesuchen so genannte „Befreiungen
" von den Rechtsvorschriften erforderlich
. Diese machten es dann den Behörden möglich
, hinsichtlich der Gestaltung besonderen Ein-
fluss zu nehmen, was ein gegenseitiges Einvernehmen
erforderte. Das gelungene Altstadtbild
nach über 50 Jahren Bautätigkeit zeugt von der
Qualität dieser „Freiburger" Lösung.
i960 wurde mit dem Bundesbaugesetz (BBauG)
für die Bundesrepublik Deutschland eine einheit-

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