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überall in den alten Domen; in jenen Wunderwerken deutscher
Kunst des Mittelalters linden sich in Schnörkeln, Blumen,
Arabesken, in Thiergestalten wundersamer Art geheime Zeichen
— Maurerzeichen; sie finden siel) am Strassburger Münster
, in der Stephanskirche zu Wien, im Dom zu Meissen und
alF überall, wo deutsche Meister bauten; Thatsache ist es,
dass die Meister fortwährend in Verbindung mit einander standen
; wie wäre es sonst möglich gewesen, jene Wunderbauten
nach einem Systeme, nach einem Plane auszuführen. Geheimnissvoll
hielten sie ihre Zusammenkünfte, geheime Zeichen
machten sie einander kennbar, und frei, als freier Maurer
schritt der Lehrling vom Rhein zur Elbe, von der Donau bis
zum Nordmeer, Pöbelwahn und Pfaffentücke stand ihnen im
Wege; sie erfanden jene unzähligen Sagen, die man fast von
jedem Dom erzählt ? dass der Teufel bei seiner Erbauung im
Spiel gewesen seh
Schon damals übte der Orden einen gewaltigen Einfluss,
indem er als heilige Vehme auftrat. Recht und Gerechtigkeit
lag darnieder auf Erden, der Gewaltige setzte trotzig den Fuss
auf den Nacken des Volkes, unbekümmert um dessen Wehgeschrei
, unzugänglich der Rache, denn mancher war weit
entfernt von des Kaisers strafendem Arme, mancher mächtiger
als der Kaiser selbst. Da plötzlich zittert die Sage durch
Deutschland von einem geheimen Orden, der unnachsichtigen
die Sehlechten verfolge, unerbittlich richte und furchtbar
strafe. Kein Winkel verbirgt ihn, kein Heer schützt ihn vor
der Rache der Vehme. Und diese Männer der Rache waren
nicht blos Adelige, es waren Männer aus dem Volke, freie
Männer, sie nannten sich auch Freirichter *). Ihr Entstehen
*) Noch deutlicher tritt die Identität der Vehme mit den Freimaurern
in den französischen Namen frang-juges und fran§-ma§ons
hervor.
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