Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-01/0008
6

Die Markgrafschaft

zenden vorderösterreichischen Nachbarn auf dem
Wald. Längst gab es im Land Carl Friedrichs
keine Leibeigenschaft mehr; die rein bäuerliche
Bevölkerung zahlte ihren Zehnten. Nicht einmal
den Pfundzoll brauchten sie zu entrichten, die
sonst überall drückende Abgabe des Kleinverkehrs
. Auch die Besteuerung der Gewerbebetriebe
war nicht hoch. Die Landwirtschaft
pflegte einen hochstehenden Rebbau, für Grund
und Boden entrichtete man nur direkte Steuern.
Die große, reiche Stadt Basel lag vor den Toren
des Landes, war Käufer der Markgräflichen
Erzeugnisse und Arbeitgeber für die Hausindustrie
in den Dörfern. So kam die Bevölkerung zu
einem bescheidenen Wohlstand. Auch sonst lebte
man schiedlich-friedlich unter der milden Herrschaft
des weitentfernten Karlsruher Hofes. Es
ist die Welt, die aus des Johann Peter Hebels
alemannischen Geschichten und Gedichten spricht.

Wallbrunn ging also ans Werk. Mit großem
Eifer sorgte er für die Durchführung der Verordnung
seines Herrn, um die ihm anvertraute
Vogtei zu einem blühenden Gebiet der aufkommenden
industriellen Wirtschaft zu machen, wobei
man freilich nicht an Fabriken, sondern erst
an organisierte Heimindustrie denken darf. Sein
Vorbild war die Schweizer Textilindustrie, — er
sah ja mit eigenen Augen, wie Basel und die
anderen Schweizer Städte immer wohlhabender
wurden durch ihre Spinnerei und Weberei.

Nun, dachte der Obervogt Wallbrunn in
Lörrach, was die Schweizer können, sollten auch
meine Markgräfler fertig bringen! Freilich, so
recht wollten sie nicht in die modernen Spinnschulen
gehen, die er überall einrichtete. Aber
Wallbrunn war nicht umsonst ein Obervogt des
patriarchalischen Absolutismus. Also verfügte er
einfach, daß die Markgräfler Schneider in Zukunft
den Frauen keine Zwickelröcke, sondern
nur noch Faltenröcke anfertigen dürften, bei vier

Gulden Strafe! Und verfügte weiter, daß die
Seidenhandwerker „neumodische" Seidenhauben
herzustellen haben.

Die Schneider wehrten sich zwar. Sie verfaßten
eine Eingabe an die Regierung. Und als
höchsten Trumpf spielten sie dabei aus: es sei
den hiesigen Weibsbildern so schwer, solcherlei
neumodische Kleider zu tragen als eine andere
Religion anzunehmen!

Diese neumodischen Kleider aber waren: die
Markgräfler Tracht!

Das ist nun freilich eine überraschende kleine
Historie, wird mancher denken. Von solch
prosaischer Herkunft ist die Markgräfler Tracht
— das möchte man nicht glauben. Denn mit
Recht gilt sie als eine der edelsten unter allen
Schwarzwälder Trachten. Man könnte daher sehr
leicht auf den Gedanken kommen, ihre Einführung
verdanke sie dem genialen, mindestens
aber dem künstlerischen und geschmackvollen
Einfall eines begabten Modekünstlers. In Wirklichkeit
stammt sie aber, wie wir gesehen haben,
aus recht nüchternen Erwägungen. Aber darum
ist sie freilich nicht weniger schön!

Die kleine Geschichte, wie die Markgräfler
Tracht entstanden, zeigt im Grunde nur, daß
alle Dinge irgendwie auch im Wirtschaftlichen
beheimatet sind und daß alles Neue eben ungewohnt
und deshalb zunächst fragwürdig erscheint
. Erst nachher merken die Leute, daß das
Neue auch etwas Gutes und Schönes sein kann.
So war es damals — so ist es heute. Es ändern
sich die Zeiten und die Meinungen. Vielleicht
aber denkt der geneigte Leser darüber nach und
macht seine Nutzanwendung auf das, was heute
mancher für so schrecklich revolutionär hält und
was nach abermals zweihundert Jahren schon
arg altmodisch erscheinen wird. Nicht nur beim
ehrsamen Schneidergewerbe. R. G. H.

Aus: „Spiegel der Heimat" vom 12. April 1952.

DdS YjfOZVttQZV Sdoloß I Lilly Intlekofer, Bad Krozingen
Die mannigfaltigen Schicksale eines Baues aus dem Jahre 1579

Wer von Heitersheim, dem alten Sitz der
Malteserritter herkommend, auf der Landstraße
landabwärts wandert, erblickt schon von weitem
am Ortseingang von Krozingen in einem schönen
Park das Schloß, umwittert vom Hauch der
Jahrhunderte. Weit schaut es hinaus in die Landschaft
, von den dunkeln Schwarzwaldbergen über
die fruchtbare Ebene bis hinüber, wo vor den
blauenden Vogesen das Silberband des Rheins
aufleuchtet und die Feste Breisach steht wie ein
trotziger Wächter am Strom.

Vom Turm grüßt lustig als Wetterfahne der
springende Hirsch, das Wappentier des Klosters
St. Blasien, und kündet, wer der Erbauer war.
Diese Abtei war in jenen Zeiten so begütert, daß,
wenn einer seiner Insassen nach Rom pilgerte, er
jede Nacht auf des Klosters Grund und Boden
sein Haupt zur Ruhe legen konnte. Auch in
Krozingen besaß es ausgedehnte Besitzungen.

Schon im Jahre 1383 wird ein blasianischer
Klosterhof erwähnt, der die Verwaltung von etwa
30 Lehensgütern von Schallstadt bis Auggen zu
besorgen hatte. Das Propsteigebäude allerdings
stammt aus späterer Zeit.

Wenn wir das Schloß von der Dorfseite her
betreten, meldet eine Tafel über dem Eingang,
daß es 1579 von Caspar dem Anderen, Abt
des Klosters St. Blasien, erbaut worden ist. Die
gleiche Jahreszahl zeigt auch das Türchen des
Treppenturmes.

In Kriegszeiten . . .

Die Wellen des 30jährigen Krieges gingen
mehrere Male über den Ort hin. Besonders als
im August 1637 die bei Breisach geschlagenen
rheingräflichen Truppen zurückfluteten, brennend
und sengend, raubend und mordend, ging fast das
ganze Dorf in Flammen auf. Auch das Schloß


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-01/0008