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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-04/0003
Die Markgrafschaft

Nr. 4/1955 Monatszeitschrift des Hebelbundes und des Schwarzwaldvereins 7. Jahrgang

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In diesen Tagen ist das ganze Markgräfler-
land durch eine unverständliche Maßnahme der
Stuttgarter Zentralgewalt in Aufruhr und Empörung
versetzt worden: die Bevölkerung des Kreises
Müllheini soll ihrer Selbstverwaltung beraubt
werden. Wir brauchen hier nicht im einzelnen
anzuführen, was Kreistag und Bürgermeisterversammlung
des Kreises, Verwaltung und Bevölkerung
in ihren Protesten gegen den Stuttgarter
Regierungsentwurf zur Auflösung des Kreises
Müllheim vorbrachten. Die Tagespresse hat die
meisten unserer Leser ausführlich darüber unterrichtet
. Daß dieser Entwurf von allen guten
Geistern verlassen ist, daß es einen Unfug sondersgleichen
darstellt, ein geschlossenes, gesundes
und krisenfestes Verwaltungsgebiet brutal zu
zerreißen, daß man einen Kreis, der auf allen
Gebieten seine Pflicht und oft mehr als dies
getan hat, nicht mit einem Federstrich liquidieren
kann, daß diese sachlich einfach nicht zu
begründende Maßnahme am Volkswillen und am
Volkswohl glatt vorbeigeht, ist aus allem deutlich
geworden, was in diesen Tagen zu hören und zu
sehen war. Die Zahlen und Tatsachen, die über
, die Leistung des Kreises bekannt wurden, beweisen
eindeutig, daß man, bestünde der Kreis
Müllheim noch nicht, diesen Kreis als Verwaltungseinheit
zum Wohl des Markgräfler Volkes,
um dessen Kerngebiet es sich hier handelt, unbedingt
schaffen müßte. Wir vermögen nicht zu
beurteilen, ob in letzter Minute noch Vernunft
über Unvernunft, Staatsklugheit über Parteiegoismus
, Recht über Unrecht siegen wird. Wenn
zwei Gemeinden mit 6000 Einwohnern einen
Kreis mit 52 000 Menschen mit Hilfe des Gesetzgebers
majorisieren können, dann braucht dieser
Gesetzgeber sich nicht wundern, daß in unseren
Augen und für jeden rechtlich denkenden Menschen
dieses Gesetz sanktioniertes Unrecht darstellt
, das nicht die Grundlage eines demokratischen
Staates bilden kann.

Die Frage Kandern und Staufen ist keine
Frage, der eine gewachsene Einheit geopfert
werden muß. Wir stehen auf dem Standpunkt,
daß man besonders der Stadt Kandern ihren verständlichen
Wunsch erfüllen kann, ohne daß man
damit das Kind mit dem Bade ausschütten muß.
Nur verbitten wir uns, daß Parteihader den Weg
für gerechte Lösungen versperrt und man ohne
Rücksicht auf Verluste und mit geheimen
Machenschaften diesen unverantwortlichen Schritt
zu unternehmen sich anschickt.

Damit aber kommen wir zu den merkwürdi-

gen Methoden, mit denen hier vom Staat Praktiken
geübt werden, die allen demokratischen
Grundsätzen ins Gesicht schlagen und jeden
Glauben an den sittlichen Wert demokratischer
Einrichtungen lächerlich machen.

Wir müssen feststellen, daß weder der Kreistag
als berufener Willensträger der Kreisbevölkerung
noch der Landrat als deren Repräsentant,
ja noch nicht einmal der Regierungspräsident von
diesem genialen Plan unterrichtet, geschweige
denn konsultiert worden sind. Im Gegenteil, man
hat in Stuttgart immer wieder versichert, daß
man gar nicht daran denke, den Bestand eines
ganzen Kreises in Frage zu stellen. Durch eine
Indiskretion kam es zu der bekannten vorzeitigen
Rundfunkmeldung, die dann verständlicherweise
wie eine Bombe im friedlichen Markgräf-
lerland einschlug. Der Kreis Müllheim soll mit
zwei anderen Kreisen geopfert werden, damit
man jenen unentwegten Zentralisten einen Brök-,
ken hinwerfen kann, die in offenbarer Unkenntnis
über die enge Verflechtung von Kreisbevölkerung
und Kreisverwaltung Großkreise schaffen
wollen, was bedeutet, daß anstelle volksnaher
Verwaltungen bürokratische Wasserköpfe treten,
keinem zum Nutzen, jedem aber zum Ärger und
zum Schaden. Denn gespart wird an öffentlichen
Geldern gar nichts, wie uns die Erfahrung mit
dem Südweststaat deutlich genug gezeigt hat. Die
Bevölkerung aber muß die Zeche bezahlen. So
geht das nicht. Der Südweststaat, dessen Geschichte
ja doch wohl nicht ohne Flecken ist,
kann damit nicht gefestigt werden. Die Demokratie
ist in einer unerhörten Weise in Frage
gestellt worden. Wenn es so ist, daß Friede das
Werk der Gerechtigkeit darstellt, dann ist hier
Unrecht im Gange, denn genau das Gegenteil
von Friede ist jetzt in unserer engeren Heimat
erzeugt worden. Aber dies ist nicht zu hindern:
Wer einem anderen Prügel androht, muß damit
rechnen, daß der andere sich zu wappnen weiß!

Als Organ zweier im Markgräflerland verwurzelter
Vereinigungen unterstützen wir den
härtesten Widerstand gegen alles, was unbefugt
und mit bösen Absichten unser angestammtes
Recht bestreitet, uns selbst zu verwalten.

Wir werden niemals zu Unrecht schweigen,
und wir werden niemals unsere Heimat verraten
.

Hebelbund Müllheim und
Schwarzwaldverein Müllheim-Badenweiler.


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