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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-08/0016
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Die Markgrafschaft

TTamen in Walh unb Sluc

Wer in den Benennungen der Örtlichkeiten in
unserer Umgebung nicht nur ein äußerliches
Hilfsmittel zur Orientierung sieht, der wird ein
Empfinden dafür haben, daß Namen auch einen
inneren Wert haben und uns mit der Offenbarung
dieses tieferen Gehaltes Gelegenheit geben, in
das vielschichtige Wesen ihrer Entstehung hinein-
zulauschen. Gerade der Wanderer, der eine leibseelische
Verbindung zu der Landschaft sucht,
die zu erleben er jeweils im Begriffe ist, wird
ein Bedürfnis haben, die Heimat nicht nur räumlich
zu erfassen, sondern sie auch geistig zu
durchdrungen. Das Wesen und Werden des Volkes
selbst hat in den Namen einen Niederschlag
gefunden. Und wer diese Bindungen noch nicht
ganz verloren hat, wird sich fragen, wie diese
oder jene Bezeichnung entstanden sein mag.

Mit dieser Fragestellung begeben wir uns
eigentlich auf das Gebiet der sogenannten Flurnamenforschung
. Diese Zeilen wollen jedoch keinen
Anspruch darauf erheben, neue Erkenntnisse
auf diesem Arbeitsgebiet zu bringen, sondern
sollen vielmehr nur eine Anregung sein, daß in
den Kreisen der Wanderfreunde das Interesse
an diesen Dingen geweckt oder auch neu belebt
wird. Im württembergischen Teil unseres Bundeslandes
ging die Anregung zu einer umfassenden
Bearbeitung der Flurnamen vom Schwäbischen
Albverein aus. So erwuchs dort aus der
fachkundigen Arbeit der Herren Dr. W. Keinath
und Dr. H. Dölker ein Buch über Orts- und
Flurnamen in Württemberg, das jeden Wanderund
Heimatfreund anregt, sich den Namen in
Wald und Flur zu öffnen. Im badischen Raum
haben wir Ansätze dazu in der Sammlung „Badische
Flurnamen", die von Prof. Dr. Fehrle, der
in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag begeht,
begründet wurde. Doch fehlt hier noch viel.

Wandern wir nun aber hinaus und lassen uns
von den Namen selbst berichten, was sie uns zu
sagen haben. So manche Benennung erzählt uns
zum Beispiel davon, welche Pflanzen hier in
besonderer Häufung oder auch in aufälliger Vereinzelung
da oder dort vorkommen; so etwa
Eichwald (Gem. Britzingen), Hochwald (Gem.
Müllheim), Holdermatt (Gem. Schweighof), Bir-
kenbuck (Gem. Marzeil), bezw. Lindle (an der
Blauenstraße) und Hohe Eiche, womit in diesem
letzteren Falle nicht eine einzelne, besonders
großwüchsige Eiche gemeint ist, sondern das
höchste Vorkommen der Eiche gegen den Gipfel
zu bezeichnet werden soll. Es kommt aber auch
vor, daß der Pflanzenname an der Örtlichkeit
haftet, die Pflanze selbst aber nicht mehr vo-
kommt. Dann allerdings besteht die Möglichkeit,
daß der Volksmund aus dem nicht mehr verstandenen
Namen einen neuen macht, so etwa
einen Musacker (Gem. Hügelheim) und einen
Musbach (Gem. Lipburg), die — im ersten Falle
nachgewiesenermaßen, im zweiten Falle sehr
wahrscheinlich — auf die älteren Bezeichnungen
Moosacker bezw. Moosbach zurückgehen.

Auch die Tierwelt wird vielfach herangezogen,
um die Örtlichkeiten zu benennen. So etwa kennen
wir einen Stieracker (Gem. Müllheim), einen
Ameisenbuck (Gem. Obereggenen), sowie einen
Ameisenrain (Gem. Marzeil), ein Hirschmättle
(Gem. Lipburg), ein Wolfsgrüble (Gem. Obermünstertal
) und viele andere. In manchen Namen
ist die alte Tierbezeichnung nicht oder kaum
mehr zu erkennen. Wer vermutet so zum Beispiel
im Voltel (Gem. Obereggenen) das niederdeutsche
Voß = Fuchs? Auch in den häufig vorkommenden
Lausbergen, Lausmatten und Lausäckern
kann evtl. an den Luchs als Namensgeber gedacht
werden, obgleich hier auch an das mhd. luzen
(engl, to loose, nhd. lauschen) angeknüpft werden
könnte, das soviel wie dem Wild auflauern
bedeutet. Auch an die Zuteilung der betreffenden
Stelle durch das Los (mhd. luz) wäre zu denken
möglich. Hier ist es also schwer, die wirkliche
Bedeutung zu erkennen, wenn man nicht ältere
Quellen heranziehen kann.

Oftmals wird bei der Namensgebung auch an
Größe, Lage oder Form des Geländestückes angeknüpft
oder die Bodenart und -färbe wird zur
Bezeichnung herangezogen, wie etwa im Letten
(Gem. Auggen und Gem. Niedereggenen) oder im
Sandfeld und in der Röte (beide Gem. Müllheim).

Groß ist die Zahl der Flur- und Örtlichkeits-
namen, die auf die Arbeit des Menschen Bezug
nehmen. Hier sind die Benennungen oft ein
Spiegel der Vergangenheit, denn eine ganze
Reihe von Berufen zum Beispiel sind inzwischen
verschwunden, während die Namen geblieben
sind. So erinnern an den früher im Schwarzwald
weitverbreiteten Beruf der Köhler der Köhlgarten
, der Kohlplatz und die Schwärze. Der ausgedehnte
Bergbau hat Namen hinterlassen wie
Bergmannsruhe und Kupfergrubfels (beide
Badenweiler). Der Altemann ist ein unergiebig
gewordener Abbauplatz, während die Fürstenfreude
nichts mit einem Fürsten und dessen
Freude zu tun hat, sondern die erste Freude
(nämlich über einen Erzfund) bedeutet (vgl. engl,
first = erster). Auch die Blauen Steine bei Badenweiler
hängen mit dem ehemals dort getriebenen
Bergbau auf Flußspat zusammen, dessen
blaue Kristalle heute noch dort in der Schutthalde
gefunden werden. Ein weiterer Beuf, dessen
Spuren wir heute noch in Gewannamen
finden, ist der der Fischer. Auf Gemarkung
Müllheim erlaubt der Fischerpfad einen Rückschluß
auf frühere Fischertätigkeit, während bei
Badenweiler der Fischerbrunnen an die Stelle
erinnert, an der die Fischer bei ihrem Fischtransport
ins Gebirge hinauf die Fische mit frischem
Wasser versorgten.

Im Bereiche des Waldgebirges finden wir eine
ganze Reihe von Namen, die mit der Rodung des
Waldes, also mit der Gewinnung von neuem
Siedlungsboden zusammenhängen. Die Bezeichnungen
lassen auch einen Rückschluß darauf zu,
wie sich der Rodungsvorgang abgespielt hat.
Ambrenntenbuck (Gem. Obereggenen) und Brandeck
(bei Schweighof) können als Flurnamen nur
entstehen, wenn sich der Mensch das Feuer
dienstbar gemacht hat. Aber auch Stockmatt


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