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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1956-02/0003
Die Markgrafschaft

Nr. 2/1956

Monatszeitschrift des Hebelbundes und des Sdiwarzwaldvereins

8.Jahrgang

Am 27. Januar vor zweihundert Jahren wurde
der Welt das Wunderkind Wolfgang Amadeus
Mozart geschenkt. Wunderkinder sind hohe
Wechsel auf die Zukunft, die meist nicht eingelöst
werden. Doch durch seine auch im Mannesalter
bewiesene großartige Schöpferkraft hat
Mozart die an seine musikalische Frühreife geknüpften
Erwartungen im höchsten Maße erfüllt.
Noch als Kind erwarb er sich wie spielend die
handwerkliche Meisterschaft seiner Kunst und
wurde- durch seine gottbegnadete Veranlagung
und die sorgfältige Erziehung von Seiten des
Vaters zu einer einzigartigen künstlerischen
Gestalt im Reich der Musik, ja zur leibgewordenen
Idee des Musikalischen selbst.

Mozart dachte und dichtete nicht nur in
Musik, er lebte Musik. Der im Alter von 35 Jahren
Frühvollendete hinterließ der Nachwelt über
600 Werke von kristallener Klarheit und ungetrübter
Schöne. Aber die Himmlischen haben ihn
während seines kurzen Erdenlaufes nicht nur
mit göttlichen Gaben und irdischen Erfolgen
überschüttet, sie haben ihm auch die vielfältigen
menschlichen Leiden nicht erspart, weder Not
noch Krankheit, weder Demütigung noch Verzweiflung
. Er war nicht nur in den Höhen
olympischer Heiterkeit beheimatet, er mußte
auch die Tiefe aller Bitternis durchwandern. Die
Kraft, mit seiner Kunst das aussagen zu können,
was ihn bedrückte und erhob, gewährte ihm
Trost und Heil. Er war ein zartes, kostbares
Gefäß, das zerbrechen mußte, um Unvergängliches
ans Licht zu bringen.

Musik war sein Schicksal, und das Geheimnis
seines Schaffens ist und bleibt Geheimnis und
Wunder. So gibt er uns auch ein Beispiel des
schöpferischen Menschen schlechthin. Das künstlerische
Schöpfertum gründet in den irrationalen
Kräften des Menschen und steigt aus den tiefsten
Quellen der Seele empor. Es ist Geschenk
und Gnade. Wie die Blume aus dem unscheinbaren
Samenkorn vor unseren Augen sich entfaltet
und in prächtigen Formen und Farben
aufblüht, wächst das Werk des Meisters in die
vollendete Gestalt. Woher , diese göttliche Keimkraft
, die aus dem Nichts ein Neues schafft? Wir
können die Ent-Wicklung und Ent-Faltung in
Ehrfurcht beobachten, wir können das Rätsel der
Schönheit bewundernd lieben, aber dem Geheimnis
des Werdens kommen wir nicht auf die
Spur. Es liegt jenseits aller rationalen Erkenntnis
und aller Zweck-Erklärung im Schoß des
Dunkels, im „Reich der Mütter". Denn schon im
Anfang des menschlichen Daseins war das Geheimnis
und das Staunen über das Wunderbare.
Kein noch so tiefes und ins Einzelne gehendes
Wissen über Mozarts Arbeitsweise oder Privatleben
kann uns mehr Aufschluß darüber geben,

Wolfgang Amadeus Mozart

geboren am 27. Januar 1756 in Salzburg

als der unmittelbare Eindruck seiner Werke es
vermag.

Die große Menge der Mitlebenden hat Mozart
gewiß verkannt. Wer aber wollte deswegen ein
Verdammungsurteil über sie aussprechen? Wie
hätten die dem Alltag Verfallenen hinter dem
Allzumenschlichen seines Lebens das ewige
Antlitz des Genies erkennen können? Nur die
Gleichgearteten, die Wesens- und Wahlverwandten
, die kongenialen Geister seiner Zeit haben
in einer Art feinen Witterung für die geistige
Rangordnung die Einmaligkeit des Wunders
Mozart in seiner vollen Bedeutung erfaßt. Joseph
Haydn, der große Meister und Lehrer Mozarts,
hat seine Bewunderung dem Vater Leopold
gegenüber so ausgedrückt: „Ihr Sohn ist der
größte Komponist, den ich in Person und dem
Namen nach kenne". Goethe, der Olympier, hat
sich Eckermann gegenüber geäußert: „Eine Erscheinung
wie Mozart bleibt immer ein Wunder,
das nicht weiter zu erklären ist". Und ein andermal
spricht er sich über das Problem des Genies
mit folgenden Worten aus: „Was ist auch ein
Genie anders als jene produktive Kraft, wodurch


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