Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fs
Hebelbund Müllheim [Hrsg.]
Die Markgrafschaft: Beiträge aus Geschichte, Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes
8. Jahrgang, Heft 11/12.November/Dezember 1956
Seite: 26
(PDF, 11 MB)
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nen, wenn man auseinander geht, wenn an der
Ecke schon 'ne andre steht?"

Es stand zwar keine andere da, aber sie
saß, sie flog, zwar nicht in meine Arme, auch
nicht in das „renovierte" Astloch, sondern in.. .
unsere Reben-Ranken, wo die blauen Trauben
anfingen süß zu schmecken! Eine Drossel! Ach,
was sage ich? eine?, drei, vier, ein Dutzend, und
sie sind von rührender Anhänglichkeit und Hilfsbereitschaft
, sie wollen uns trösten über den
Abzug der Kauzfamilie und bringen noch alle
ihre Bekannten und Verwandten mit! Sie
schwärmen aus allen Nachbarbäumen, und wenn
es uns manchmal gelingt, sie höflichst auf die
Rücksichten hinzuweisen, die ein Gast doch
schließlich auf den Gastgeber zu nehmen hat
oder doch unter gebildeten Menschen nehmen
sollte, dann fliegen sie auf den schönen Apfelbaum
und spielen erfolgreich Käuzchen.

Es gelingt ihnen auch beinahe; nur in Bezug
auf die Vorliebe für Weiß, die Käuzchens hatten,
sind sie entschieden anderer Ansicht: sie ziehen
Blau vor. Vielleicht ist das die von Dior verordnete
Farbe dieses Herbstes, oder sollte es mit
der Bläue der Trauben zusammenhängen? Was

Käuzchens uns noch nicht haben weiß machen
können, das wird uns jetzt von Drosseis eingebläut
, so daß wir uns fast blau-weiß vorkommen,
obgleich wir doch „hergeloffene" Preußen sind!

Sehen Sie, da wurde mir wieder einmal klar,
was ,, . . . und desgleichen" zu bedeuten haben
kann. ..

Man hat uns allerlei angeraten, um ,,so etwas"
zu verhindern. Warum? Warum soll ich etwas
verhindern, was uns Freude macht? „Unglücksvogel
"? Dummes Zeug! Gardinen vor die Trauben
? Niemals!

Haben Sie schon mal wirklich erlebt, wie
schön eine Drossel im Weinlaub aussieht,
wenn sie Beeren frißt, auf die die Herbstsonne
im Markgräfler Lande scheint? — Haben Sie
schon mal erlebt, wie herrlich so ein Käuzchen
in der Dämmerung dahinschwebt und wie
friedlich sein kuwit klingt? Wie seine
Augen leuchten und strahlen?

Sagen Sie mir nichts mehr von „nützlich"
oder „schädlich"! — Kommt wieder, Käuzchen!
Freßt weiter, Drosseln! — Ihr guten Freunde!
Ihr getreuen Nachbarn.. . und desgleichen!

„Im Markgräflerland vor hundert Jahren" (4)

@in f)ebeU2Ubum vom Jatyt 1856

Als am 4. Oktober 1856 Großherzog Friedrich
I. und Großherzogin Luise in Freiburg die
Vertreter der Amtsbezirke am Oberrhein empfingen
, um Glückwünsche und Huldigungsgabe entgegenzunehmen
, überreichten ihnen die Amtsbezirke
Müllheim und Schönau einen besonders
schön zusammengestellten und liebevoll ausgestatteten
Band mit Hebel - Gedichten. Er sollte
ein Hochzeitsgeschenk sein und kam also etwas
verspätet zu den Beschenkten; aber wenn man
den nachstehenden Bericht über Inhalt und Aufmachung
des Prachtbandes liest und bedenkt,
von wieviel Mitarbeitern das Unternehmen abhängig
gewesen, wird man milde urteilen. Das
Fürstenpaar tat das anscheinend auch und nahm
die Gabe auch vierzehn Tage nach der Hochzeit
gnädig auf.

Zweifellos war es ein schönes Festgeschenk,
jenes Hebel-Album von 1856. Und man kann es
verstehen, daß die Müllheimer und Schopfheimer
Anreger des Unternehmens darauf bestanden,
daß die beiden Amtsbezirke und auch die weitere
badische Öffentlichkeit davon erfuhren; in dem
Bericht, den der „Oberländer Bote" seinerzeit
von dem Empfang in Freiburg gegeben hatte
(Oberl. Bote Nr. 124 vom 17. 10. 1856), waren ja
— wie übrigens der Amtsbezirk Schönau auch —
die Bezirke Müllheim und Schopfheim nur mit
einem einzigen kleinen Satz erwähnt worden.
Das wurmte die Müllheimer und Schopfheimer
mit Recht. Und da sie offenbar keine Beziehungen
— oder doch mindestens keine guten — zur
Redaktion des „Oberländer Boten" hatten, schickten
sie einen genauen Bericht über das Hebel-

Album an die „Karlsruher Zeitung"; von dieser
übernahm ihn dann erst der „Oberländer Bote",
im November.

Nun aber zu diesem Bericht selbst. Lassen
wir daraus beiseite, was er im Stil der Zeit dem
Fürstenpaar an Beteuerungen und Begeisterung
entgegenbringt, und entnehmen wir ihm nur die
Tatsachen (Oberl. Bote Nr. 141 v. 26. 11. 1856):

Müllheim und Schönau hatten mit Bedacht zu
den Gedichten Hebels als Festgabe gegriffen,
denn die beiden Bezirke wollten

„der jungen Fürstin mit einer Vermählungsgabe entgegenkommen
, welche die herzliche Theilnahme der
Markgräfler an diesem glücklichen Ereignis bekunden
, und die zugleich noch in späten Tagen eine
freudige und freundliche Erinnerung der hohen Neuvermählten
an diese festliche Zeit und an den
Landestheil, der die Gabe dargebracht, hervorrufen
würde".

Was hätte sich dazu auch besser eignen können
als ein

„Prachtwerk der Gedichte des gefeierten alemannischen
Dichters, unseres herrlichen Hebel, mit Randzeichnungen
und Bildern verschönert, welche Darstellungen
aus einzelnen Gedichten und Ansichten
aus beiden Bezirken enthalten sollten. Wir wollten
damit in heimischer Mundart und mit den unvergleichlichen
Gedichten eines heimischen Sängers die
durchlauchtigste Fürstin begrüßen; wir wollten sie
durch des Dichters herrliche Schilderungen der
Schönheiten unserer Gegenden, der reinsten und
tiefsten Gefühle unseres Volkes an unsere Heimat

erinnern...

In berechtigtem Stolz sagt der Berichterstatter, die
Bezirke seien überzeugt gewesen, ihr Geschenk

„werde sicherlich mit eben so viel Huld aufgenommen
werden, als es dem Landestheile zur Ehre gerei-

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