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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-05/0006
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Emil Gött, der Dichter und Denker aus alemannischem
Geblüt, fühlte sich zeitlebens mit
allen Fasern seines Daseins tief in der Heimaterde
verwurzelt. Nie hielt er es lange im
fremden Land aus, immer wieder zog es ihn
zu ihr zurück, ihr blieb er treu bis zum letzten
Atemzug.

Dreifacher Art waren die Dinge, die er erleben
wollte: „einen Fleck der mütterlichen Erde
auf das menschensinnig Schönste bebauen; ein
vollendetes geistiges Kunstwerk schaffen, stark,
tief und schön; und dem Auge der Frau begegnen
, die beides versteht und mich um beides
ehrt und liebt, und sich in mir sieht und darum
mit Notwendigkeit die meine ist". Nur der
zweite Wunsch ist ihm in Erfüllung gegangen.
Seine dramatischen Hauptwerke „Edelwild" und
„Fortunatas Biß" sind aus seinem schöpferischen
Innern ebenso „stark, tief und schön" heraufgeblüht
wie sie die gültige Prägung durch sein
dichterisches Wort erhalten haben.

Emil Gött wurde am 13. Mai 1864 zu Jech-
tingen am Kaiserstuhl geboren. Er lebte vom
Jahre 1894 ab auf der Leinhalde bei der Zähringer
Burg und starb im besten Mannesalter am
13. April 1908 in Freiburg. Seine Eltern waren
schlichte Menschen ländlichen Schlages. Die
Mutter, eine fleißige und kluge, auch dichterisch
begabte Frau, schrieb zehn Jahre nach dem Tode
ihres Sohnes „in schwerer langwieriger Krankheit
" ein schmales Büchlein mit der Aufschrift
„Emil Gött — Sein Anfang und sein Ende". Es
ist neben des Dichters Briefen und Tagebüchern
und den Aufzeichnungen seiner Freunde eine
wichtige Quelle zur Einsicht in den leidvollen
Irr- und Wirrgang seines Lebens. Der Vater, der
als langjährig dienender Soldat zuletzt Feldwebel
gewesen war, hatte eine Anstellung als
Kanzlist im Grundbuchamt Freiburg gefunden.
Die Familie zog in die Stadt; Emil wurde zu
seinem großen Leidwesen ein Stadtbub, der
Heimweh nach dem Leben auf dem Lande hatte.
Als ihn einmal ein Erwachsener nach seinen
Berufswünschen fragte, antwortet er, daß er entweder
Erzbischof oder Stadtgärtner werden
wolle. „Stadtgärtner, warum?" „He, weil er halt
lauter so schöni Blume pflanze ka, darum!"

Maria Ursula Gött, die nach ihres Mannes
frühem Tod im Jahre 1889 von der tagtäglichen
Arbeitsfron am Waschzuber nie mehr frei kam,
erzählt in ihrem mütterlich-warmherzigen Ton
von dem Natursinn und der Heimatliebe des
Jungen: „Jedes Jahr ging er in die Ferien auf
das Land in meine Heimat im Amt Breisach. Da
schaffte er den Bauern zugleich so, daß sich die
Leute verwunderten und fragten, ob wir denn
Feld hätten in Freiburg. Er liebte halt über alles
die Scholle, die Natur und hatte für alles Verständnis
und Liebe, vorab für die Tiere... Das
Vieh hilft Euch ernähren, darum seid gut zu
ihm!, so ruft er den Bauern zu. Nicht umsonst
schrieb er später für jeden Bauer einen Zettel
an die Stalltür:

O Mensch, du bist des Tieres höher Wesen,
gewaltigen Willens, überreich an List —
In seinem Auge aber magst du lesen,
ob du ihm Gott, ob du ihm Teufel bist.

Die Liebe zur Natur, zur Landwirtschaft,
nebenbei seine Seele ausleben, das lag ihm im
Sinn, also Bauer und Dichter wollte er sein. Ich
höre ihn immer noch begeistert ausrufen: „O
Bauernstand, du schöner Stand, der schönste
doch von allen!"

Leider brachte ihm sein beharrliches Festhalten
am bäuerlichen Beruf Enttäuschung über
Enttäuschung. Als sich später, nach dem Abitur
und dem Studium der Geschichte in Berlin, alle
Berufspläne in der Heimat zerschlugen, „ging
er", so schreibt die Mutter, „mittellos und mutlos
in die Welt hinaus. Nach Italien lief sein Ziel.
Unterwegs arbeitete er bald bei Gärtnern, bald
bei Bauern, immer in der guten Hoffnung, es
doch einstmalen zu einem bißchen eigner Scholle
zu bringen. Dem Gedanken blieb er treu". Er
unterschied drei Klassen von Menschen: Handwerker
, Kopfwerker und Bauchwerker. Er wollte
ebenso Kopfwerker wie auch Handwerker sein.
Sein Wahlspruch hieß: „Mit beiden Füßen fest
auf der Erde; mit beiden Händen in jeder Werkschicht
; mit dem Haupt in den Wolken".

Mit seinem Freund, dem Dichter Emil Strauß,
fing er an, auf einem Gut bei Schaffhausen
genossenschaftlich zu bauen. Es war eine richtige
„Robinsonade", die kläglich scheiterte. Bald brachen
sie gemeinsam nach Italien auf, wo sie sich
trennten. Gött, der an den Zielpunkten immer
als Gärtner tätig war, wanderte nach Graz, von
da nach Meran, um dann nach Freiburg zurückzukehren
. In der Kartause, dem alten Klostergut,
nahm er seine Arbeit auf. Doch bald mietete er
sich im Erdgeschoß eines Gutes bei Breisach, im
„Buck", ein und bebaute mit Emil Strauß zusammen
das umfangreiche Gartengelände. In seinem
Roman „Kreuzungen" gibt dieser eine kernige
Schilderung der damaligen entbehrungsreichen
Zeit. Er hielt es zwar nur fünf Monate dort aus,
Gött aber ein ganzes Jahr. Ihre Verrichtungen
samt Ein- und Ausgaben und dem täglichen
Wetter wurden fein säuberlich in das Haushaltungsbuch
eingetragen. Da heißt es denn einmal
: „Reben geschnitten, Holz gemacht, Johannisbeeren
ausschneiden, Rosenstöcke herausgemacht
, Beet II im östlichen Garten ausgesät,
Ziergarten angefangen, Kartoffelland fertig".
Über das Wetter ist folgendes aufgezeichnet:
„Kritischer Tag, riesiger Wetterumschlag; Sonne,
kalt; erstes Gewitter". Während Gött allein
hauste, waren ihm die Mittel sehr knapp geworden
. Voll Galgenhumor und mit echt bäuerlichem
Stolz auf den reichen Anbauertag schreibt er im
September: „Leider war ich kaum jemals so arm
an Geld wie jetzt, aber zum Glück noch nie so
reich an Kartoffeln und Kraut — weißes, rotes
und grünes, was eine angenehme Abwechslung
im Essen gibt: heute Kartoffeln und weißes,
morgen Erdäpfel und rotes, übermorgen Grum-
biren und grünes! Also verhungert wird nicht.

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