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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-06/0015
Albert Eisele:

ZMe 3ettelei'dje - einft ein (üftenjbaum

Wer kennt das schöne Plätzlein, das Julius
Kibiger hier im Bilde festgehalten hat? Es liegt
zwischen Mauchen und Feldberg; man kann aber
auch von Liel oder Niedereggenen aus an der
Kutz-Mühle vorbei gegen Gennenbach wandern.
Dort steht die „Betteleiche", einst ein Grenzpunkt
, an der Stelle, wo die Gemarkungen Feldberg
, Auggen und Mauchen zusammenkommen.
Pfarrer Mölbert weiß in seiner „Geschichte Feldbergs
" zu berichten, daß der Pfarrer von Feldberg
1621 sein Vieh auch auf die Gemarkungen
von Auggen und Mauchen treiben durfte. Doch
wurde schon 1562 bestimmt, daß er beim Einsammeln
des Zehnten nicht zu weit gehe; er solle
seinen Zehnten „nit weiter nehmen, bis von dem
Lindenbäumlein an, welches an Auggen, Feldberg
und Mauchenbann stoht, den gesetzten
Pfählen nach oben bis zu dem letzten Pfahl, so
bei einem Almentstein stoht an der Renstroß".
Dieses „Lindenbäumlein" war ein Grenzbaum;
noch 1722 ist die Rede von dem „Lindenbäumlein
, welches von den drei Gemeinden Auggen,
Mauchen und Feldberg insgesamt pro limite erkannt
wurde".

Von solchen Grenzbäumen oder Lochbäumen
(nach dem Zeichen, das eingeschnitten war) berichtet
zum Beispiel Sievert an zwei Stellen seiner
Geschichte von Müllheim. Ganz deutlich aber
wird der Baum als Grenzzeichen in einem
Aktenstück aus dem Jahre 1813 beschrieben. Die
Gemeinde Kandern schreibt dort: „An den
Baumstöcken ist eine Kante eingehauen, welche
von den Vorfahren als Ortszeichen anerkannt
worden. Vermutlich vereinigten die Alten ihre
Idee nach dem Namen Kanter, womit das hier
durchfließende Wasser bezeichnet ist". Der
Schreiber will also sagen: der Gleichklang der
Worte Kander und Kanne führte dazu, daß man
eine Kante (Kanne) als Wappen nahm. Kluge
unterscheidet ein Wort „Kanne", das in alter
Sprache selten ist und auf das lateinische Wort
canna zurückgeht „Die abweichende Form Kante
(mittelhochdeutsch kante) des südwestlichen
Deutschlands beruht auf althochdeutsch channata,
channeta, dessen Ableitungssilbe unklar ist".

Es stand also an der oben genannten Stelle
ursprünglich ein Lindenbaum zur Bezeichnung
der Grenze. Leider sind die Lindenbäume weitgehend
verschwunden. Unter der Linde fand in
alten Zeiten das Gericht statt; die Linde mit
ihrem herzförmigen Blatt war der Baum in der
Mitte des Dorfes, unter dem sich die Jugend
versammelte zu Spiel und Tanz. Man denke nur
an die vielen Lieder des Volkes, in denen die
Liebenden unter dem Lindenbaum sich trafen.
Erst unter dem Einfluß Klopstocks (gest. 1803)
und seiner Bardenschule kam die Eiche als
Sinnbild des Deutschen auf. Oltmanns weist in
seinem „Pflanzenleben des Schwarzwaldes" darauf
hin, daß die Linde früher auch in den Waldungen
häufig war. So kam an Stelle der Grenzlinde
eine „Betteleiche" an diese Stelle. Hier war
eben nicht nur die Grenze der Gemarkung; hier
war bis zur Entstehung des Landes Baden die
Landesgrenze. Denn Mauchen gehörte zu den
Stift Baselischen Besitzungen: 1343 hatte der
Bischof von Basel die Orte Schliengen, Mauchen
und Steinenstadt von Jakob von Neuenfels gekauft
. Der Grenzstein mit dem Baselstab auf der

einen Seite erinnert daran. Nun braucht man
nicht bei Mölbert nachzulesen, wie stark früher
die Bettlerplage war. Zu ihnen kamen noch die
Pfannenflicker, Scherenschleifer, Hausierer und
was sich sonst so herumtrieb. Für sie alle war
hier der Platz, wo man im Falle einer Gefahr
rasch „ins Ausland" ausweichen konnte. Man
denke nur an Hebels Erzählungen vom Zundel-
frieder und seinen Leuten. Drüben war man vor
dem Zugriff der markgräflichen Hatschiere
sicher. Die „Betteleiche" bezeichnete die Bettelgrenze
; alles fremde Volk sollte gar nicht eingelassen
werden. Man gab ihnen Brot, und der
Wächter führte sie bis zur Grenze. Kam aber
einer zum dritten Mal, so wurde er an die
öffentlichen Arbeiten geschickt oder nach Pforzheim
, wo damals das Zuchthaus war.

So gibt uns dieser schöne Platz Gelegenheit
zum Rückblick in vergangene Zeiten. Mancher
mag schon die Stelle gesehen haben; sie fällt
auf. Aber ihre Bedeutung ist weithin vergessen.


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