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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-10/0004
3uf bm Stieben Fommt aüee an!

anfpradie von Dt. f?arl Sriebrid) Kieber jur Öcöffnung 6ec 2lu8|teUung #Oberba5ifdje Waler' In Scribucg i.3r.

„Wo ist der reine, lebendige Sinn, der das
Wahre und Schöne überall und unmittelbar aus
der Natur und dem Leben saugt? Wo die .Gabe,
rein und klar das wiederzugeben, was man
empfangen hat, und so warm als es im eigenen
Herzen lag, in ein frerndes zu legen?" — fragte
Johann Peter Hebel vor über 150 Jahren seine
Freundin Gustave Fecht in Weil.

So können auch wir fragen angesichts mancherlei
Verirrungen und Verwirrungen in der
Kunst unserer Zeit. So müssen wir aber auch
fragen, wenn wir Bilder von fünf Malern aus
unserer Heimat ausstellen und betrachten. Diese
Frage zwingt uns - ob Maler oder Kunstfreund -
zur Antwort und Verantwortung.

„Jener reine, lebendige Sinn, der das Wahre
und Schöne unmittelbar aus der Natur und dem
Leben saugt, war Hebels besondere Gabe; das
Sehen, Aufnehmen, Umbilden seine unablässige
Tätigkeit" (Emil Strauß). Und Goethe bestätigt
Hebel „sein vorzügliches Talent, die Eigentümlichkeiten
der Zustände zu fassen und zu schildern
", wenn er von Hebel sagt: „Nicht allein das
Sichtbare daran, sondern das Hörbare, Riechbare,
Greifbare und die aus allen sinnlichen Eindrük-
ken zusammen entspringende Empfindsamkeit
weiß er sich anzueignen und wiederzugeben"

Hirte (Ol)

Rudolf Kreuter

Dieses Goethewort trifft nicht nur das Wesen
Hebels und seiner Kunst, es weist zugleich darüber
hinaus auf eine Eigenart des alemannischen
Wesens: Das Beschauliche. Das Beschauliche nicht
im Sinne von traulich, behaglich, heimelig, sondern
im alten Sinn des mit schön verwandten
Wortes Schauen.

Nicht zufällig sagen wir Alemannen für Sehen
und Hören: „Luegen und Loose". Diese beiden-
sinn- und klangverwandten Begriffe bilden ein
unscheidbares Wortpaar. Diese konkordierenden
Synonyma bedeuten ein lauschendes Schauen,
die Art der Wahr - Nehmung mit allen Sinnen
bei den Menschen, die diese Sprache sprechen.
„Luegen und Loose" besagt ein In-sich-Aufnehmen
des Sichtbaren und des Unsichtbaren, ein
still verweilendes Beschauen und Betrachten:
ein bildhaftes Erleben und Erkennen (wie das
griechische Wort eido = ich sehe und eidos
Sehen, Schauen, Anblick; Aussehen, Gestalt,
Schönheit, Form, Bild, Vorstellung; Idee, Urbild,
Beschaffenheit, Wesen, Art und Weise u. a.).

Hebels Kunst ist bildhaft. Darum hat er nicht
nur die Dichter, sondern auch die Maler immer
wieder bewegt und erregt, das Schöne und Wahre
überall und unmittelbar aus Natur und Leben zu
saugen und hat sie gelehrt, nicht nur nach außen
in die Umwelt zu blicken, sondern zugleich
auch in sich selber hinein und hinab zu
luegen und loose.

So wollen auch wir einmal auf drei große
alemannische Maler hören, die mit ihren
Bildern und zugleich auch mit ihren Worten
uns zeigen sollen, wie sie die Welt:
Mensch, Natur und Gott erfühlt, erschaut,
erfahren, erlebt und bildhaft erkannt und
wieder ins Bild gesetzt haben; wie sie bei
aller Verschiedenheit ihrer Anlagen und der
Farben und Formen ihrer Bilder ein Gemeinsames
haben: das weder vom Wollen
noch vom Wissen beeinflußte oder gar gelenkte
Schauen mit allen Sinnen, das' Einsaugen
, Schlürfen und Trinken der Natureindrücke
bis zum inneren Erfülltsein. Aus
diesem Erfülltsein vom Erlebten und aus
dem Uberfluß des Geschauten vermitteln
und verströmen sie das Erschaute, Erfahrene
, Erlebte und Erlittene.

Hans Thoma

„Wir wollen uns auf die Füße machen
und auf's Sehen ausgehen!" schreibt Hans
Thoma aus Paris an seine Mutter und
Schwester daheim. Dieses Wort, für Paris
geschrieben, ist zu empfindsam für dort,
wird auf seine Bernauer Heimat und auf
seine Kunst übertragen zum frommen
Bekenntnis. Meint Hans Thoma nicht das
gleiche wie Hebel, wenn er an Langbehn
(den Rembrandt - Deutschen) schreibt: „Ich

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