Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-10/0007
zufahren: „Habe ich den Menschen besser verstehen
gelernt? Kenne ich mich selber besser? —
In der Arbeit wird die Reife sein. Dank dem
Menschen, der Natur, dem ordnenden Gott!"

Ist aus diesen Worten August Babbergers
nicht die Antwort auf die anfangs von Johann
Peter Hebel auch an uns gestellte Frage nach
dem Sinn für das Wahre und Schöne herauszuhören
? Erkennen wir nicht auch bei diesem
Maler die gleiche Gabe wie bei Hans Thoma und
Max Läuger: die Welt im Kleinsten als Ganzes
zu sehen? Auch er hat „wahre Weltwunder"
erlebt, wo andere nur Dreck oder Gleichgültiges
sahen.

Drei Tote haben zu uns gesprochen, drei
Maler unserer engsten Heimat — von Bernau

nach Hausen und von da nach Lörrach sind es
nur wenig Wegstunden — drei Handwerker- und
Bauernsöhne, deren Vorfahren nur wenig oder
gar keinen Asphalt getreten haben. Was können
und was sollen sie uns heute — 1961 — zum
Geleit einer Ausstellung von fünf Lörracher
Malern sagen? Die Antwort möge der große
Basler Kunstbetrachter und Kunstforscher Jakob
Burckhardt geben, der so gern in der Lörracher
Hirzenstube weilte: „Auf das Erleben kommt
alles an! Wäre es überhaupt möglich, den tiefsten
Gehalt, die Idee eines Kunstwerks in Worten
auszusprechen, es wäre die Kunst ja überflüssig
und alle die Bauten, Figuren und Bilder
hätten ungebaut, ungemeißelt, ungemalt bleiben
können!"

fittbfltfaljrt bucdje Wünftectal

Lange schwanken wir, ob wir von dem herbstlichen
Badenweiler aus über das zwischen Wald
und Wiesen eingebettete Dorf Schweighof und
den Sirnitzsattel ins Wiesental fahren, oder ob
wir den kleinen Umweg über Staufen und das
Münstertal in Kauf nehmen wollen. Der Zauber
des Herbsttages läßt uns die zweite Möglichkeit
wählen.

Kaum hat unser Weg hinter dem Friedrich-
Hilda - Genesungsheim den Bergsattel erreicht,
stürzt er sich durch ein kleines Waldtal Britzingen
entgegen, als könne er es nicht erwarten,
sich zwischen den mit blauen und gelben Trauben
behangenen Reben hindurchzuwinden, und
dann in dörfliche Stille einzutauchen, in der
wappengeschmückte Brunnen ihre Silberstrahlen
in breite Tröge gleiten lassen. Selbst der Weg
scheint der Lockung des Weinduftes nicht widerstehen
zu können, der aus alten Hoftoren und
dunkeln Höfen strömt und auch den alten gotischen
Kirchturm umweht, der gelassen auf das
dörfliche Idyll niederblickt. Wie einer, der ein
wenig zu tief ins Glas geschaut hat, pendelt die
Straße zwischen den Häuserzeilen hin und her
und ist dann auf einmal wieder draußen im
Wednland, in den Rebbergen, die sich bis zu den
Rändern herbstlich angeglühter Wälder emporziehen
.

Auch Laufen mit seinem hochgiebeligen Winzergenossenschaftshaus
macht es unserem Weg
nicht leicht, weiterzuwandern. Zu gerne möchte
er bei der Staudengärtnerei der Gräfin v. Zeppelin
verweilen, um dort ein wenig über den Gartenzaun
zu gucken, wo sonst Iris in allen Farbstellungen
blüht und heute Astern ihre Farborgien
feiern. Lockend steht der von Weinbergen
zärtlich umfangene Kastelberg vor uns, der das
Tal von Sulzburg bewacht. Wir schlüpfen durch
das alte Stadttor, durch das soeben ein Gefährt,
mit Weinfässern beladen, geholpert kommt, und
stehen auf dem breiten Marktplatz, der die Zähringer
Gründung verrät. Eine schmucklose Kirche,
dahinter ein alter Herrensitz, freundliche Häuserreihen
: das ist Sulzburg, wie es sich dem eilig
Durchfahrenden darbietet. Der Kunstbeflissene
aber wird es sich nicht nehmen lassen, die ein
wenig abseits im Friedhof stehende St. Cyriaks-
Kirche zu besuchen, die ins 10. Jahrhundert zurückgeht
. Man hat dem Gotteshaus zwar übel
mitgespielt, hat die Seitenschiffe und das Querschiff
abgebrochen, und doch ist der Rest, der
imponierende Westturm mit seinem bemerkenswerten
Relief und die kleine Ringkrypta, noch
eindrucksvoll genug. Noch eine zweite Sehenswürdigkeit
birgt Sulzburg: seinen Judenfriedhof.
Er liegt am Weg nach . dem Glaubersalzbad
Sulzburg.

Wir holen uns beim Friedhofswächter die
Schlüssel und gelangen durch einen kleinen Torbau
ins Innere der Anlage. Ein Berghang und
der Wald haben den Gottesacker in ihren Schutz
genommen, so daß er wohl als einer der wenigen
seiner Art alle Stürme der Zeit unversehrt überstand
. Ein paar neuzeitliche Grabsteine bekunden
, daß der Friedhof nicht nur im Mittelalter
benützt wurde, sondern auch heute noch belegt
wird. Schmucklos sind die Gräber. Auf dem einen
oder anderen aber liegen Kiesel, die nach jüdischem
Brauch als Zeichen pietätvollen Gedenkens
von Besuchern hier niedergelegt wurden. Die
herbstliche Sonne modelliert die hebräischen
Schriftzeichen auf den nach Osten ausgerichteten
Grabsteinen deutlich heraus, da und dort auch
spärlichen Schmuck, so zwei erhobene Hände
oder eine Schale. Ein paar ins Mittelalter zurückgehende
Grabsteine, von dichtem Unterholz verborgen
, gehören einstigen, aus der Sippe der
Kahn entstammenden Rabbinern.

Als wir unsere Leica zücken, um das Einmalige
des Ortes einzufangen, erinnern wir uns
plötzlich daran, daß Ernst Leitz, der Begründer
der berühmten optischen Werke in Wetzlar und
der Erfinder unserer Kamera, in Sulzburg das
Licht der Welt erblickte.

Noch einmal führt draußen in der Ebene
unsere Straße durch Weingärten. Sie schlendert

5


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-10/0007