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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-12/0017
Wer. mit dem Herfen* sieht und mit der Ganzheit der'
Seele, — der allein sieht gut Denn die Augen des
Herzens heißen Liebe und verstehende Güte!"

Professor Eduard Spranger, Tübingen, schreibt über das
feinsinnige Werk: „Es ist Freundschaft in sehr erweitertem
und vertieftem Sinne, der die Aphorismen von Peter
Max Boppel gewidmet sind. Lange hat man nicht mehr
über Freundschaft geschrieben. Fast möchte man glauben
, daß sie aus der Mode gekommen sei. In diesem
innerlich wie äußerlich vornehmen Buch werden die
Wurzeln der Freundschaft in metaphysischen Tiefenschichten
der Person aufgedeckt. Sie gehört zu den
geistigen Grundhaltungen, in denen man durch Geben
reich wird. Auch von diesen Meditationen wird man sich
bereichert finden, wenn man bei jedem Satz verweilt
und nachdenklich zu ihm zurückkehrt".

Wie sehr es sich hier um eine Darstellung der Freundschaft
in erweitertem Sinne handelt, zeigt uns die Einteilung
des Werkes: 4er erste Teil sammelt Gedanken
über die „Freundschaft in den Dingen der Schöpfung";
wir finden hier u. a. Worte über die Not, die Zeit und
die Geschichte als Freund. Der zweite Teil führt uns
zur „Freundschaft unter den Menschen"; er schenkt uns
Meditationen über die Freundschaft als Gnade, als Treue,
als Liebe und schließt mit den höchsten Werten der
inneren Gemeinschaft und der inneren Freiheit.

Ein Buch der Besinnung und Aufrichtung, das wir in
die Hand nehmen sollten, wenn uns Zweifel und Verzweiflung
am Menschen überfallen wollen.

Peter Max Boppel „Von der Freundschaft". Waldemar
Hoffmann Verlag Berlin i960, 184 S. 7,80 DM.

Das dritte Buch ist ein liebenswertes Werk unseres
Mitarbeiters Theodor Seidenfaden: „Die Jungfernbeichte
", eine Sammlung meisterhaft erzählter Anekdoten.

Wenn wir sein Werk liebenswert nannten, so ist auch
die Person des Verfassers darin einbeschlossen. In manchem
Brief an.den Schreiber dieser Zeilen hat er seine
innige Verbundenheit mit unserem Land am Oberrhein
und mit seinen Menschen bekannt, verkörpert in der
Gestalt Johann Peter Hebels. Mit welch tiefer Einfühlung
hat er das Leben und das Sterben des Dichters
geschildert. Manche seiner Anekdoten haben wir in der
„Markgrafschaft" schon zum Abdruck gebracht Die köstliche
Erzählung „Der Prälat" hat uns erneut die Wahrheit
gezeigt daß man den Wert des Menschen auch daran
erkennen kann, über was er lacht. So steckt in seinen
Erzählungen ein guter, reifer Humor. Humor muß voller
Güte sein, er ist auch echter Wehmut verwandt die
nichts mit Selbstbemitleidung zu tun hat. Wie großartig
ist die Geschichte vom Vogelpastor von Neuenahr. Wir
wollen sie in der nächsten Nummer unseren Lesern
bieten, denen wir raten möchten, sich das im Türmer-
Verlag, München, erschienene Buch zu erstehen. Sie
werden manchen Abend im Kreise der Familie durch
Vorlesen der kleinen Geschichten mit Heiterkeit und
Nachdenklichkeit also mit echtem Leben, füllen können
und Gewinn davon tragen.

Wenn wir gerade vom Vorlesen im Kreise der Familie
sprechen, so möchte ich wiederholt auf das reizvolle
Büchlein von Bachroth „Die musikalische Feuerwehr"
hinweisen. Es sind Köstlichkeiten, nahrhaftes Brot in
einer Zeit, die sich lieber an Narkotika betäubt

Theodor Seidenfaden: „Die Jungfernbeichte". Anekdoten
. Türmer Verlag München 1961, 290 S.

Theodor Seidenfaden: „Johann Peter Hebel". Das
Leben des Dichters Lux-Lesebogen. Verlag Sebastian
Lux, München, 31 S.

Hans Bachroth: „Die musikalische Feuerwehr". Verlag
Rombach, Freiburg i. Br., 1960, 83 S.

Konstantin Schäfer

*

Franz Johannes Weinrich: „Der Jüngling neben uns".
Roman. Martin - Verlag, Buxheim.

Ein kostbares Geschenk des Dichters: dieses Buch vom
Jüngling, der neben jedem von uns ein Leben lang mitgeht
, es sei denn, wir selber jagen ihn fort Ich las das

(^ponnetf am ßa'tfecftutjl

Die Nacht sinkt leis herab auf Burg und Hügel,
auf allen Zweigen liegt ein Silberfließen,
aufragen Pappeln dort wie dunkle Riesen
und durch die Stille rauscht des Herbstwinds Flügel.

Durch Busch und Strauchwerk klimm ich ins Gemäuer
zur alten Burg, den Zauber ganz zu trinken —
durch Fensterhöhlen hell die Sterne blinken
und Elfenhände halten Silberschleier.

Kein Laut dringt durch die Nacht, nur leises Rauschen
des nahen Rheins dort hinter hohen Bäumen.
Hier kannst du auf die Stimme Gottes lauschen,
hier kannst du betend, schweigend lange säumen.

Und in der Mondnacht mitternächt'ger Helle
ahn ich den Hüter dieser „heil'gen Schwelle".

Aus dem Sonettenbuch Matan
von Clar.a Faisst.

Werk in einem Atemzug und war gefangen, begeistert,
ehrfürchtig, dankbar dafür, daß einem Dichter unserer
Zeit ein solch dichterisches, dichtes Werk der Hilfe und
Erhebung gelingen durfte. Die Geschichte vom jungen
Ludwig, der auszieht ein brauchbarer Hirt zu werden,
der strauchelt und sich wieder fängt, der trotzt und sich
doch wieder nach dem starken und lauteren Leben sehnt,
wird jeden Leser ergötzen und nachdenklich machen.
Seine Erlebnisse: Bewähren und Versagen, Treue und
Untreue, mutige Flucht und feige Zuflucht sind Erschütterungen
, die jeder Mensch durchstehen muß. Was aber
die Leser mit Trost erfüllen wird, ist die vom Dichter
unaufdringlich und einprägsam vermittelte Weisheit die
dem einen zur seligen Rückerinnerung, dem andern zur
stärkenden Offenbarung wird: kein Sterblicher ist je
allein und verlassen. Er hat einen Jüngling neben sich,
der mit ihm lacht und weint, jubelt und zittert und —
das hat Weinrich wunderbar herausgeholt — todtraurig
ist, wenn sein Schützling versagt. Ich habe mich tatsächlich
nach Lesung des Buches beim sonntäglichen
Spaziergang entlang einer dörflichen Fußballwiese dabei
ertappt, daß ich die Spieler musterte und mich fragte:
welcher ist „der Lämmle", und welcher „der Dold"?

Das Buch kommt zur guten Stunde. In den nächsten
Zeiten werden für viele Stunden kommen, wo sie die
ob unseres Schwankens und Wankens traurig zurückbleibenden
, aber doch nie an uns verzweifelnden Freunde
erkennen müssen. Nie vorher waren so viele junge und
alte Tobiasse auf der freiwilligen Wanderschaft oder
unfreiwilligen Flucht und alle brauchen sie Rat.

Was mich als Frau besonders beeindruckt hat? Die
Engel sind also Jünglinge, auch die der Frauen und
Mädchen? Es stände irgendwo in der Bibel deutlich
geschrieben, ließ ich mich belehren. Diese Tatsache kann
aber selbst bei Frauen, die glauben, im Schützen, Raten
und Helfen seien sie den Männern überlegen, kein Aufbegehren
erzeugen, wenn sie das Buch von Weinrich
lesen. Denn er stellte neben den Engelsjüngling eine
„Anna" als dessen ebenbürtige Schwester, die dem
sympathischen und ohne Tugendbolderei dargestellten
Ludwig aus der Ferne hilft — ja man könnte denken,
die Engel selber holen sich bei den klaren Augen und
dem fürbittenden Herzen die Kraft, immer wieder zu
dem störrischen Kerl zurückzukehren.

Die letzten zwanzig Zeilen des Werkes sind so prall
gefüllt mit dichterischer Kraft und einer die Zukunft
erhellenden Glaubensmacht, daß ich sie eng auf Zettel
schreiben und sie dem und jenem in die Rocktasche
stecken möchte. Denn wir alle würden angesichts der
Situation, in die Ludwig geraten ist, ausrufen: Es geschieht
ihm recht! Er mag nun im eigenen Fett schmoren
! Aber die „Jünglinge" sagen zueinander „mit einer
Freude ohnegleichen: Er hat nun viel Zeit für uns. Wir
werden ihn bald besuchen".

So wahr ich lebe: diese zeitwendende Demut hat
Weinrich seiner Anna abgeguckt. Lina Ritter

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