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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1966-04/0008
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Heiter isch mi Sinn un munter —
läng vum Stuehl mi Wanderplunder,
schlupf drinii — jetz han i s aa —
bi e rächte Wandersmaa!

Dert am Hooge hängt mi Huet,

s isch de alt und ganz vergniddret,

für mi Wandrig isch r guet,

denn mi Gsicht isch au verwiddret.

Jo, wa will d Krawatte do
un d Manschetteknöpf denäbe? —
Soll i mir bim Wandre goh
so e Firlefanz aakläbe?

Nit wi ab! Ihr hän kei Recht,
mich in die Mechanik z klämme!
Denn wer fröhlig wandre möcht,
müeßt sich in dem Ufzug schämme.

Bruch i nit der Kompaß do? —
Nei — i gang der Nase noo!
s Fernglas will i au nit haa,
i lueg alles vu der Nööchi aa!

Dert, in sellem Kammre - Ecke
stoht mi Frind, de Hoogestecke.
Seile nimm i mit mit Freude,
dä soll immer mi begleite.
Goht s bergab un goht s berguf,
stütz i mini Knoche druf.

So — jetz no de Rucksack her.
Er isch nit z liecht
un isch nit z schwer.

Wer mi jetz begleite will,
dä soll kumme, wenn er mag,
un soll mini Freude still
teile an mim Wandertag.

Michel Maier

Begreiflich, daß die kulturbewußten Völker
des Abend- und Morgenlandes Hebels erzählerische
Kostbarkeiten besitzen wollten. So wurden
die Prosastücke, das sogenannte „Schatzkästlein",
in viele Sprachen der Welt übersetzt, und die
Jugend vieler Völker liest Proben in ihren Schulbüchern
und reift mit ihnen heran.

Anders steht es mit Hebels Mundartgedichten.
Prosa kann fast immer übersetzt werden, ohne
daß Aussagekraft und Schönheit im Medium der
anderen Sprachen allzu sehr leiden müssen. Bei
den Gedichten dagegen kann, von den ungereimten
, langzeiligen, epischen Stücken abgesehen, in
einer Übertragung diese Schönheit und Aussagekraft
, kann die musikalische Substanz nicht gewahrt
bleiben. Sie wird oft getrübt und geht gar
verloren. Gereimte Gedichte mit kurzen Zeilen,
wie etwa „Der Schwarzwälder im Breisgau" oder
„Erinnerung an Basel" trotzen an einigen Stellen
jeder Übersetzungskunst. Diese Mundartgedichte
sind deshalb in wenige Sprachen übertragen:
ins Französische, Rumänische, Lateinische u. a.,
selbstverständlich auch mehrmals ins Hochdeutsche
und in andere deutsche Mundarten, wozu
übrigens Goethe aufforderte und was Hebel
selbst versuchte und begrüßte.

Die neuesten Übertragungen der Hebeischen
Mundartgedichte ins Hochdeutsche, die ich, der

Unterzeichnete, schuf, der ich auch als Lyriker
der Mundart und der Hochsprache sowie als
Erzähler (im Insel-, Herder- und Schöningh-Verlag
) auftrat, und die der Reelamverlag unter der
Regie von Prof. Dr. Wilhelm Zentner, Hebelpreisträger
von 1955, zum Hebeljahr 1960 herausbrachte
, fanden eine neue Lösung, die allen
Schwierigkeiten aus dem Wege ging: die zweisprachige
Ausgabe. Die moderne Drucktechnik
ermöglichte sie zu geringem Preise. Ein Vorteil
unserer heutigen Automatisation!

Auf der linken Seite des Buches findet sich
die mundartliche Urform, das Originalgedicht,
auf der rechten die Übertragung, die entsprechenden
Zeilen auf genau gleichen Höhen. Das Hochdeutsche
ist nur Brücke zum Vorbild. Das Original
wird nirgends angetastet. Seine Schönheit,
Aussagekraft und musikalische Substanz bleibt
voll in der Ursprünglichkeit erhalten.

Diese zweisprachige Ausgabe bekam im Jahre
1960 der Ordinarius für Germanistik an der Universität
in Kobe, Prof. Dr. Fumihiko Yokawa,
bei seinem Besuch im Wieserital bei der Durchsicht
der neuesten Hebel-Jubiläumsliteratur zu
Gesicht. Er las sie und erfaßte jetzt erst mit
ihrer Hilfe die ganze Schönheit und Größe der
Hebeischen Lyrik. Denn ohne Hilfe und Kommentar
ist die eigenwillige und urwüchsige
Mundart der Alemannen nicht von einem Nicht-
alemannen zu verstehen, von einem Nichtdeutschen
und gar von einem Japaner erst recht
nicht. Jetzt beschloß er, die Gedichte ins Japanische
zu übertragen. Diese zweisprachige Ausgabe
des Reclam-Verlages war ihm, wie er mir
schrieb, eine unschätzbare Hilfe.

Dennoch wurde für ihn die Übertragung eine
so schwierige Arbeit, daß er dazu drei Jahre
benötigte und viele Rückfragen stofflicher und
formaler Art an mich richten mußte. Zu den
Schwierigkeiten, die der Hebeische Dialekt bereitet
, kam noch, daß die japanische Sprache nicht
auf dem Laut, nicht auf einem Lautalphabet wie
die europäischen Sprachen, sondern wie das
Chinesische auf dem Ideogramm fußt. Auch kennt
das Japanische keinen Strophenbau, keine Reime,
kein Metrum Hebelscher Prägung. Dazu gesellte
sich, daß viele alemannische Begriffe und Vorstellungen
im Lande Nippons keine Entsprechung
fanden. Einige Gedichte konnten überhaupt nicht
übernommen werden, wie die „Irrlichter", „Der
Schmelzofen". Für ihre Gedankengänge hätte
man im Lande der aufgehenden Sonne kein
Organ gehabt.

Im vergangenen Jahr erschien nun das neue
Werk im Asahi-Verlag in Hiroshima. Das schön
und modern ausgestattete, 250 Seiten umfassende,
350 Yen oder 3,90 DM kostende Buch ist für uns
Deutsche mit seinen Bildzeichen, die von oben
nach unten, wie auch das Buch von hinten nach
vorne gelesen werden muß, im wahren Sinne des
Wortes ein Geheimnis mit sieben Siegeln. Keines
der Häkelein und Schnörkelein, keines der tausend
und tausend Mikrobilder können wir davon
deuten. Aber das Buch ist eine Brücke vom Herzen
Hebels zum japanischen Herzen. Es ist ein
Geschenk der Deutschen, zumal der Alemannen

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