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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-12/0005
Sucht man nach einem Kernsatz der von Johann
Peter Hebel in sein Gedicht „Noch eine
Frage" beschlossenen Lebensweisheit, so birgt er
sich zweifellos in der Zeile

Nooch binenander wohne Leid und Freud.

Die gleiche Erkenntnis, die sich hier kundtut,
klingt auch im hochdeutschen „Neujahrslied" Johann
Peter Hebels an:

Dr. Robert Feger:

(Fortsetzung)

Sprecher 1: Immer das,gleiche Lied: Wenn und wenn und
wenn — und andere sollen ihm sagen, was er tun soll.
Und dieses Lied klingt immer auf die gleiche Weise, wenn
er sich entscheiden soll, der Herr Kirchenrat. Zwar überlegt
er hin und her, aber das nützt nichts, nicht einmal
die bessere Besoldung vermag einen Ausschlag zu geben,
ebensowenig wie die größere Nähe zum Oberland, denn
— so fährt der Brief fort —

Hebel: ... auch ich habe wirklich nie gewußt, wie wert
ich meinen hiesigen Freunden bin und wie lieb mir meine
hiesige Lage unvermerkt geworden ist, als jetzt, wo von
der Trennung! die Rede ist. Man macht mir Vorwurf
darüber, daß ich daran denke, für nichts und wider nichts
wegzugehen. Aber was hilft alles? Einmal will und muß
ich doch gehen. Ich habe sie nie getäuscht, wenn ich sagte,
daß ich nicht in Karlsruhe bleiben wolle. Auch habe ich
diesen Vorsatz nie geändert, nur von einem Jahr auf das
andere verschoben ...

Sprecher 1: Dieser Brief ist in unserem Zusamemnhang
nicht so wichtig, weil es um Freiburg ging, denn Freiburg
war keine Landpfarrei, wenngleich die bald entstehende
Ludwigskirche dort noch mitten in Gärten und
Reben erbaut wurde. Nein, der Brief ist deshalb wichtig,
weil er symptomatisch ist für Hebels Haltung gegenüber
allen Lebensentscheidungen: Er wartet ab, wägt und wägt

Mit der Freude zieht der Schmerz
Traulich durch die Zeiten.
Schwere Stürme, milde Weste,
Bange Sorgen, frohe Feste
Wandeln sich zur Seiten.

Und wo eine Träne fällt,

Blüht auch eine Rose.

Schon gemischt, noch eh' wir's bitten,

Ist für Thronen und für Hütten

Schmerz und Lust im Lose.

War's nit so im alten Jahr?
Wird's im neuen enden?
Sonnen wallen auf und nieder,
Wolken gehn und kommen wieder,
Und kein Wunsch wird's wenden.

Nun mag aber auch der Schluß des Liedes noch
hier stehen:

Gebe denn, der über uns,
Wägt mit rechter Wage,
Jedem Sinn für seine Freuden,
Jedem Mut für seine Leiden
In die neuen Tage.

Jedem auf des Lebens Pfad
Einen Freund zur Seite,
Ein zufriedenes Gemüte
Und zu stiller Herzensgüte
Hoffnung ins Geleite.

Doch noch einmal zurück zu den Weihnachts-
ged'ichten Johann Peter Hebels. Sie gehören zu
den gehaltreichsten und schönsten alemannischen
Versen unseres Dichters. Und der „dornig Freudebaum
" wie die Erkenntnis: „Nooch binenander
wohne Leid und Freud" sind berufen, einem manche
bittere Stunde leichter ertragen zu lassen.
Oder ist dem in unserer von Grund aus gewandelten
Zeit nicht mehr so?

wieder, wartet auf einen, der ihn das zu Tuende zu tun
heißt, — undi entscheidet sich nicht, sondern läßt alles
beim Alten. So geschieht es auch in der Affaire Freiburg,
und deshalb sei die Geschichte noch zu Ende verfolgt:

Sprecher 2: Hebel reist tatsächlich nach Freiburg, sieht
sich^alles an, findet alles entsprechend, ist fast entschlossen
zur Annahme. Aber — kaum hat er Freiburg verlassen
, verläßt ihn der Mut zum Neuen wieder. Und es
kommt in Emmendingen, wo er auf der Rückreise bei
Freund Nüßlin übernachtet, zu der bekannten Episode:
Hebel kann nachts keinen Schlaf finden, weil er sich allzusehr
mit dem Freiburger Entschluß herumschlägt, da
hört er um zwei Uhr nachts den von Nüßlin offenbar angewiesenen
Nachtwächter seine, Hebels eigene Gedichtstrophe
aussingen:

Hebel: Und wem scho wieder, ebs no tagt,
die schweri Sorg am Herze nagt,
du arme Tropf, di Schlof isch hi!
Gott sorgt, es wär nit nötig gsi!

Sprecher 2: Getröstet soll Hebel damals nach Karlsruhe
zurückgefahren sein. Dort nahm ihm der Großherzog die
Entscheidung ab, indem er den präzisen Wunsch aussprach
, Hebel solle in Karlsruhe bleiben. Und eben dies
— daß eine irgendwie autoritäre, ihm vorgesetzte Stelle
über ihn verfüge, — hatte er im Stillen gewünscht. Denn
dies, das Gehorchen, entsprach seinem Wesen. Zwar

j&zk unbekannte f)ebel X

jöie tan&pfarrei - HJunfdj ober flöunfdjtraum?

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