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Markgräfler Jahrbuch
3.1954
Seite: 26
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgjb-1954/0025
seitigen; das Nest muß ja nach der Arbeit wieder so getarnt werden, wie es
vorher war, sonst würde die Brut für ihre Feinde (Menschen, Häher, Raubvögel
) eine willkommene Beute. So — jetzt wäre die Sicht frei! Nun bringe ich
die Kamera in Stellung, die Schärfe wird eingestellt, der Blitz bekommt
den genauen Beleuchtungswinkel, und nun noch die wichtigste Arbeit: das
Tarnen. Nur Optik und Blitz dürfen zu sehen sein. Es heißt sich jetzt sehr
beeilen, denn schon fliegen die Altvögel, laut 'warnend, aufgeregt umher. Wenn
ich die Leitung der Fernauslösung zu meinem wenige Meter entfernten Versteck
gelegt habe, überprüfe ich alles. Der Blitz wird eingeschaltet — er
summt — also ist er in Ordnung. Nun noch der Verschluß: auch er läuft
ab. Doch halt! — Beinahe hätte ich in aller Aufregung vergessen, den Kassettenschieber
herauszuziehen. Nach dieser letzten Vorbereitung entferne ich mich
unter dem Blick der Altvögel langsam dem nahen Walde zu.

Durch den dunklen Tannendom dringen die ersten Strahlenbündel der
Sonne. Auf dem Weg kriechen die Schnecken im glitzernden Tau des Morgens.
Leichter Dunst steigt von dem sonnenerwärmten Boden. Uber mir segelt
eine Taube in kühnem Balzflug. An den benetzten Halmen und Blättern
haften vielerlei Insekten. In dem Geäst eines umgestürzten Baumes sonnt sich
die Eidechse. Kleine Nachtfalter flattern durch Sträucher und Gräser. Neben
mir, in einer Schlucht, atzt ein Zaunkönigpaar seine fast flüggen Jungen.

Hinter einer mächtigen Tanne versteckt, beobachte ich den Nistplatz der
Grasmücke. Noch haben sich die Altvögel nicht an die veränderte Umgebung
gewöhnt, obwohl doch dieser Zweibeinige schon längst davongegangen ist.
Aber das große Auge, das die Jungen ständig anschaut, und diese große
glitzernde Scheibe, ja, dem ist nicht zu trauen! Die Bewegungen des Gestrüpps
verraten mir, wie aufgeregt die Kamera und das Nest von den
Vögeln umflattert wird. Doch wie sich das Neue nicht regt, werden sie allmählich
ruhiger. Nachdem sie nun doch mit Gewürm im Schnabel an- und
leer abfliegen, schleiche ich mich in einer Fütterungspause in mein Versteck.
Nur ein kleiner Sehschlitz läßt mir die Sicht zum Nest frei. Eine schwüle Luft
herrscht unter der Zeltplane, das richtige Klima für Schnaken und Fliegen.
Doch nur nicht bewegen, wenn einem auch noch so viel Blut abgezapft wird,
denn wer weiß, was draußen vor sich geht und wo die Vögel gerade sind!
Da! brr! brr! flattert es um mich. Die Jungvögel fiepen leise. Ihre langen
Hälse mit den weit aufgerissenen Schnäbeln recken sich in die Höhe. Noch
kann ich die Alten nicht erkennen. Doch da hüpft einer! Noch etwas mißtrauisch
beobachtet er die Umgebung des Nestes. Immer wieder versucht er
anzufliegen, aber diesem großen Auge, das ihn unverwandt beobachtet, traut
er doch nicht ganz. Nach einigen Versuchen fliegt er an und stopft blitzschnell
den nimmersatten Schlund eines Jungvogels mit Insekten und Gewürm
. Schon ist er wieder weg, ohne den gewohnten, in einem Häutchen
befindlichen Kotballen mitzunehmen, ein Zeichen dafür, daß die alte Ruhe
noch nicht eingekehrt ist. Es wäre der größte Fehler, jetzt durch eine Aufnahme
die Vögel noch scheuer zu machen. Obwohl sie auf den Blitz nicht
reagieren, so hören sie doch das Geräusch des Verschlusses. Da gibt es nur
eines, und das ist ausschlaggebend bei der Tierphotographie: „Geduld!" So

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