Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,eg
Markgräfler Jahrbuch
3.1954
Seite: 87
(PDF, 29 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgjb-1954/0086
zur Auswanderung mit seiner Familie. Schon Wochen vorher verkaufte er sein
kleines Hausanwesen und die Feldstücke für 980 Gulden. Ende April trat die Familie
Gugelmeier die große Reise an. Aus Auggen schlössen sich ihr noch an: der
Flickschuster Jakob Schüsselin mit Familie (6 Personen) und der ledige Taglöhner
Christian Itzin. Alle hatten mit einem Basler Auswanderungsbüro Reiseverträge
abgeschlossen. Die Reise ging von Basel aus über Paris nach Le Havre, von dort,
aus geldlichen Gründen, mit einem Segelschiff weiter. Obwohl dieses bequem und
gut eingerichtet und die Beköstigung wahrend der Überfahrt gut und reichlich war,
freuten sich doch alle, als das Schiff in Montevideo, der uruguayischen Hafenstadt,
anlegte. Itzin blieb in dieser Stadt, die Familien Gugelmeier und Schüsselin
schlössen sich einer Einwanderergruppe, die das gleiche Reiseziel hatte, an
und reisten in Begleitung eines Beauftragten der Kolonie-Administration nach
„Neu-Helvetia", wo sie ungerodetes Land zugeteilt erhielten.

Uber die nun folgenden harten Kolonistenjahre schreibt Gugelmeier seinem
Bruder Simon in Auggen in größeren Zwischenräumen umfangreiche Briefe, die
uns ein gütiges Geschick erhalten hat. Sie geben uns ein anschauliches Bild vom
harten Daseinskampf dieser Kolonisten am Rande der uruguayischen Pampa, zeigen
aber auch, wie nimmermüdes Ringen und zäher Lebenswille die Familie zu
wirtschaftlichem Wohlstand und Ansehen führte. Lassen wir die jetzt bald ein
Jahrhundert alten Briefe eines Markgräflers, der auch im fremden Lande in der
alten Heimat verwurzelt blieb, selber sprechen!

„Neu-Helvetia, lten April 1864. . . . Ich bin einer der äußersten Kolonisten,
bis zum nächsten Kolonisten ist es über eine Stunde weit. . . Wir wohnten hier
lange allein, vor einigen Wochen hat sich aber ein reicher Preuße hier angesiedelt,
der ein guter Nachbar ist. . . . Wir wohnen auf einer ordentlichen Anhöhe, wo die
Hitze gemäßigt ist und immer eine kühle Luft geht. . . . Am Fuß des Hügels fließt
der Fluß Rosaria, der mit einem immergrünen Wald umgeben ist. . . Wir haben
ein schweres Jahr hinter uns. Ich habe mit Isaak (16jähr. Sohn) für uns eine Hütte
gebaut. Holz gibt es hier genug und das Werkzeug habe ich von der Administration
. Die Wände haben wir gewickelt, wie Ihr sagt. Platz haben wir genug. Ich
habe auch einen Brunnen gegraben, der 70 Fuß tief ist, haben jetzt herrliches, frisches
Wasser . . . Haben einen Kral von Holz gemacht, darin unsere 4 Ochsen —
aber ein wenig größere wie dem Birmele in Auggen seine —, 3 schöne Milchkühe
mit ihren Kälbern, die uns diesen Sommer Milch im Überfluß liefern, und 2 Pferde,
auch haben wir eine große Zahl Hühner. Wir haben gegenwärtig nur 2 eigene
Pferde; ein schöner junger Fuchs ist mir erschossen worden. Er ist einem Kolonisten
in seinen Weizen gelaufen bei Nacht. Er mußte mir das Pferd aber bezahlen,
aber es ärgerte mich sehr. Es war ein schönes Pferd und es hat mir an die Seele
gegriffen, als ich das liebe, gute Tier verlieren mußte . . Wir haben gegenwärtig
Revolution im Lande und da werden auch viele Pferde gebraucht. Die Pferde sind
hier kleiner wie bei Euch, aber viel dauerhafter. Da wo wir wohnen, laufen Pferde
herum, 30 bis 40, wir wissen nicht, wem sie gehören. Wenn eines müde ist, so
fangen meine Buben wieder ein anderes . . . Viel zu schaffen macht uns das Land
anbauen. Ehe wir pflügen können, müssen wir das Gesträuch aushacken, das so
dick steht wie der Hanf, das ist aber das beste Land . . . Jetzt bin ich dabei, um
mein Feld einen Graben zu machen, daß wir künftiges Jahr ruhiger schlafen können
und unsere Früchte gesichert sind . . . Wir haben heuer ein sehr trockenes Jahr,

87


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgjb-1954/0086