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Markgräfler Jahrbuch
3.1954
Seite: 142
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ungebrochene Brauchtum noch galten, wo die Markgräfler Tracht noch mit
dem Gefühl inneren Stolzes getragen wurde. Diese Welt ihrer Jugend ist
in dem Werk der Ida Guldenschuh wieder auferstanden, und was sie von
dieser geistigen und seelischen Welt aussagt, das wirkt schon rein sachlich
als Dichtung, als Kunde aus einem seelischen Bereich, der dem heutigen
Land und Volk verlorengegangen ist. Sie besitzt die Fähigkeit, einfache, übersehene
Menschen in ihrer Tragik darzustellen. Sie hat auch den überlegenen,
lächelnden Humor, der erfrischt und versöhnt („Was ist ein Dübel?"). Wenn
sie das Glück hat, ihre gesamten Gedichte in einem Band, gut gedruckt,
zu vereinigen, so wird man erkennen, wie reich und rein die Quelle ihrer
Dichtung fließt. Sie beherrscht die Mundart, wie man sie vor 50 Jahren in
dem Rheindorfe sprach, aus dem Fundament und findet aus ihrem angeborenen
musikalischen Gefühl heraus den richtigen Rhythmus für jeden Stoff.

Neben der Kromer und der Guldenschuh tritt eine neue bedeutende
Gestalt in den Kreis der Harfenschlägerinnen: Marie Hagmeier-Meier.
Geboren in Binzen an der Kander (1892), wirkt sie als Dichterin wie eine
Verbindung der beiden ersten. Sie hat beides: Die Tiefe des menschlichen
Erlebnisses und die künstlerische Bewahrtheit des Ideals. Ein dramatisches
Grundgefühl wirkt in ihr und läßt sie in Gegensätzen harfen. Sie weiß von
der Lust, die tiefer ist als Herzeleid, und spricht es in tadelloser Mundart
gekonnt und bewußt aus: Die Schau auf ein herrlich wogendes Kornfeld
am Tage, bevor es geschnitten wird, erweckt in ihr die Gedanken an die
Ähnlichkeit alles lebenden Seins, Werdens und Vergehens in Natur und
Mensch. Sie versetzt sich in die Seele eines unglücklich liebenden Mädchens
und weiß in der ausweglosen Lage nur eines: „I gang in Rhy!" — Aber
wie die Guldenschuh hat sie auch den überlegenen Humor, und man kann
ruhig sagen, daß in dieser starken und leidenschaftlichen Dichtung fast alles
berührt wird, was den Menschen in der heimatlichen Welt durchbebt und
bezirkt.

Leider sind nur wenige ihrer Gedichte in weiteren Kreisen bekannt geworden
. Es gilt auch für sie wie für die Guldenschuh, daß erst ein Band
oder ein Bändchen von Gedichten der Öffentlichkeit einen wahren Begriff
von der Dichtung zu geben vermag, die in ihrem Worte überraschend und
beglückend zutage tritt.

Ida Preusch-Müller, geboren in Kandern, 1889, ist Lehrersfrau
und lebt jetzt im Bauland nieden, weit ab von der Kander, dem Blauen
und dem Rhein; aber sie trägt dies alles so sicher und klar in ihrer Phantasie
, die von dem hellen, gewandten Verstand geleitet wird, daß ihre Gedichte
an Echtheit, guter Sprache, richtigem Empfinden keinen andern nachstehen.
Ida Preusch ist eine vielseitige Schriftstellerin. Ihre Erinnerungen aus der
schönen Kanderner Jugendzeit, da und dort erschienen, sind so trefflich und
lebenswahr, daß es eine helle Freude ist. Im „Hebelkranz", herausgegeben
von dem vortrefflichen Hubert Baum, hat sie ein Gedicht auf die örtlichen
Wandlungen des alemannischen „e" in dem Worte „Hemd" aufgebaut, ein
witziges Stück Sprachuntersuchung und -erläuterung in Versen.

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