Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1951-01/0022
Weiter fragen Sie mich, weshalb die auf dem Friedhof von Istein wirr
herumliegenden Felsbrocken nicht schon längst entfernt worden sind, da deren
ornamentale Bedeutung Ihnen bisher nicht aufgegangen sei.

Nun, das Letztere hätte ja nicht viel zu bedeuten, doch Ihnen will ich den
eigentlichen Grund schon verraten.

Sehen Sie, diese Blöcke wurden erst durch die wiederholten Sprengungen
zutage gefördert. Alle tragen sie unverkennbare Anzeichen und Spuren zyklopischer
Bearbeitung an sich. Eingehende „Forschungen" halben zu dem Schluß geführt
, daß es sich hier um die Reste von Ringwällen und Biberburgen handelt,
die die Menschen der Spät- und Nacheiszeit hier angelegt haben. (Die im gegenwärtigen
Zeitalter neu zugewanderten Hoch alemannen — Sie erkennen diese
ja an ihrem biederen Benimm und Jargon — glauben es Ihnen vielleicht oder
auch nicht.) Auf alle Fälle wird Ihre gegebene Deutung außerordentlich weniger
Unmut auslösen als Ihre dreiste Behauptung, die Naturschutzleute würden diese
Sprengblöcke als Mahnmale allermodernsten Friedenswillens und als Gedenksteine
der letzten großen Kulturtat unseres verschütteten Jahrzehnts hegen.

Bezüglich der Biber berufen Sie sich aber ruhig auf das 1666 erschienene
köstliche Buch des Straßburger Jägers und Fischers Leonhard Baldner, der uns
in urwüchsig plastischer Darstellung Berichte über die Lebensweise der Raubtiere
und Biber gegeben hat, die damals am Oberrhein so verbreitet gewesen sind,
„daß man sie nächtens allenthalben scheussen und fartzen höret".

Was, Sie selbst bezweifeln das mit den Urmenschen? Herr, ich vermisse
genauere Kenntnisse der einschlägigen Literatur!

Schon vor 25 Jahren hat der leider viel zu früh verstorbene geniale Ur-
geschichtsforscher Robert Lais an der Südwand des Klotzen beim Friedhof
Zufluchtsstätten des späteiszeitlichen Menschen in kleinen Höhlen und tiefen
Mulden mit überhängendem Felsdach entdeckt. Sie können dort an der von der
Sprengung verschont gebliebenen, näher am Tunnel hangenden Wand große,
halbrunde Nischen erkennen. Das sind vom Wasser ausgewaschene Strudellöcher
aus längst vergangenen Erdzeitaltern. Die gekrümmte Felswand der Hohlkehle
unter der äußersten Klotzenspitze, an der das Rheinufersträßchen hindurchführt,
verdankt ihre Entstehung der gleichen Ursache. Dort an der Felswand sind auch
die größten Hochwasserstände blau markiert, die der Rhein hier im letzten
Jahrhundert vor der Korrektion erreicht hat.

Die bereits erwähnten klugen Neualemannen werden Ihnen das mit den
StrudelJöchern ja nicht glauben. Deshalb sagen Sie ihnen, wir würden den
Isteiner Klotz u. a. deshalb schützen, weil die Eiszeitmenschen vor zwanzig- und
dreißigtausend Jahren Bären aus dem Kandelgebiet in diesen Höhlen als
Kumpane gehalten haben. Diese Kandelbären pflegten ihre Rücken an der Felswand
zu scheuern, teils vor Kälte, teils aus Langeweile oder aus Freude über die
Einquartierung in ihren Pelzen. Generationen von Höhlenbären haben diese
Tätigkeit fortgesetzt, gleichsam als verpflichtendes Eribvermächtnis ihrer Ahnen.
Auf solche Weise sind die Nischen hohl geschliffen worden. Sie weisen auch ungefähr
die Größe eines jener eiszeitlichen Kandelibären au£ Stellenweise mag
die Rückwand spiegelglatt poliert gewesen sein infolge der ständig wiederholten
Reibung mit dem Fell der Petze.

Versichern Sie das den Leuten unter Berufung auf Funde, die in Schweizerischen
Höhlen gemacht worden sind. Es klettert ja doch keiner an der Wand
hinauf, um sich von der Wahrheit Ihrer hintergründigen Ausführungen zu überzeugen
.

20


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1951-01/0022