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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1954-02/0010
Das besonders enge Verhältnis, in dem Roggenbach zum Prinzen Wilhelm
von Preußen und seiner Gattin stand, ist zu erkennen aus einem Brief, den
er im Frühjahr 1855 aus Koblenz an seinen Freund Stockmar schreibt. Er
findet den Prinzen fortwährend so verständig und überlegt, daß er ihm
bei weitem der liebste aller preußischer Politiker ist. Nachdem Großherzog
Friedrich die einzige Tochter des preußischen Prinzenpaares geheiratet hatte,
zog dieser den seinen Schwiegereltern vertrauten Roggenbach immer häufiger
an seinen Hof und nahm seinen Rat in Anspruch. Roggenbach bemerkte mit
inniger Freude, wie er sagte, die „heilsamste, glücklichste" "Wirkung der jungen
Ehe auf den Charakter des Fürsten und damit auf die Stimmung und die
Lage aller Einzelnen im Lande. Im Mai 1857 schreibt er: „Die Dinge gehen
jetzt sehr gut bei uns, nachdem sie solange sehr schlecht gegangen." Mit der
Zeit knüpfte sich ein Band wahrer Freundschaft zwischen dem großherzoglichen
Paar und ihm. In allen außen- wie innenpolitischen Angelegenheiten der Jahre
1857 bis 1861, da er endlich ins Ministerium berufen wurde, beriet Roggenbach
den Großherzog als sein Vertrauter. Dies war insbesondere der Fall bei den
Maßnahmen, welche in dem die Gemüter stark bewegenden Kirchenstreit in
Baden getroffen wurden. Obwohl Katholik, war Roggenbach ein grundsätzlicher
Gegner von Konkordaten; so hat er in diesem Sinne auch die Kirchenpolitik
der badischen Regierung und des Großherzogs beeinflußt.

Nach der Zeit der Vorbereitung und des Wartens kam dann im Frühling
1860 für den Politiker Roggenbach die Stunde der Erfüllung. Es gelang ihm,
das konservative, reaktionäre, österreichisch gesinnte Ministerium Meysenbug
zu stürzen und den Weg für eine liberale und nationale Politik frei zu machen.
Erst ein Jahr später trat er selbst in die Regierung Badens ein, um sie nach
außen hin zu leiten. Am 30. April 1861 teilte Roggenbach seinem Freunde
Samwer mit, daß er Präsident des Ministeriums des großherzoglichen Hauses
und der auswärtigen Angelegenheiten werde, indem er den Brief humoristisch
mit den Versen aus Macbeth begann: „Wenn strauchelt der Gute und fällt
der Gerechte, dann jubilieren die höllischen Mächte." Die Ernennung erfolgte
am 2. Mai 1861 mit einer Besoldung von 4000 Gulden und einer Aufwandsentschädigung
von 2000 Gulden. Als Feind der Titel hatte Roggenbach darauf
verzichtet, sich Minister zu nennen, und auch das damit verbundene höhere
Gehalt zurückgewiesen. Die schöne Wohnung im Ministerium überließ er
seinem Kollegen Stabel und lebte während seiner ganzen Amtszeit in einer
Mietwohnung auf dem Fuße eines vornehmen Junggesellen. Die Bürokraten
waren hierüber ebenso verblüfft wie über die Tatsache, daß ein sechsunddreißig-
jähriger Mann, der es bis zum Legationssekretär gebracht und vor einem
Jahrzehnt der Beamtenlaufbahn den Rücken gekehrt hatte, vom Großherzog
auf den verantwortungsvollsten Posten im badischen Staatsdienst berufen
worden war. Aber das Volk erkannte bald, welch glücklichen Griff der Landesherr
damit getan hatte. Roggenbach überragte seine Ministerkollegen an Einsicht
und Geist. Vollkommen frei von bürokratischer Enge und Gebundenheit
wie von aller Vornehmtuerei zeigte er sich so, wie er war, uneigennützig,
wohlwollend, hilfsbereit. Dabei wußte er aber sehr wohl, Disziplin zu halten.
Auch als Minister bewährte er den Mut der Überzeugung in Wort und Tat.
Seine ungekünstelte Rede verfehlte ihren Eindruck auf das Parlament nicht,
wenn schon ihr Gedankenreichtum und die Fülle von Anspielungen dem
leichten Verständnis oft entgegenwirkten.

Als Roggenbach sein Ministerium übernahm, sah er sich gleich um nach
ihm gleichgesinnten liberalen Mitarbeitern, die seine Politik zur Einigung
Deutschlands unter Preußens Führung unterstützen sollten. Die bisherigen

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